Intensives Laserlicht ändert Paarungsverhalten von Elektronen

Experiment weist den Weg zur Steuerung chemischer Reaktionen mit Lasern.

Die quanten­mechanische Austausch­wechsel­wirkung zwischen Elektronen, eine Konsequenz des Pauli-Prinzips, kann man mit intensiven Infrarot-Licht­feldern auf Zeitskalen weniger Femto­sekunden gezielt verändern, wie zeit­auf­ge­löste Experimente an Schwefel­hexa­fluorid-Molekülen zeigen. Dieses Ergebnis weist einen Weg, um in Zukunft chemische Reaktionen von Grund auf mit Lasern zu steuern – rein auf Basis der Elektronen.

Abb.: Schematische Dar­stel­lung der Aus­tausch­wechsel­wirkung zwischen...
Abb.: Schematische Dar­stel­lung der Aus­tausch­wechsel­wirkung zwischen dem durch Röntgen­licht an­ge­regten Elek­tron (e-) und dem zurück­ge­las­senen Loch im auf­ge­spal­tenen Energie­niveau (h+ in Kreis bzw. Oval) ohne (oben) und mit (unten) Infra­rot-Laser­puls, der das Elek­tron weiter an­regt. (Bild: MPIK)

Elektronen bilden die Bindungen in Molekülen und spielen eine entscheidende Rolle bei chemischen Reaktionen. In Atomen und Molekülen sind die Elektronen auf einer Folge von Energie­niveaus angeordnet, die durch Quantenzahlen charakte­risiert sind. Bei deren Besetzung spielt auch die Wechsel­wirkung der Elektronen unter­ein­ander – quanten­mechanisch als Austausch­wechsel­wirkung bezeichnet – eine wichtige Rolle. Denn Elektronen besitzen einen Spin, der in zwei Richtungen zeigen kann. Da nach den Gesetzen der Quanten­mechanik nie mehrere Elektronen eines Moleküls in allen Quanten­zahlen über­ein­stimmen dürfen, gehen sich Elektronen mit gleich aus­ge­richtetem Spin aus dem Weg. Das ist das berühmte Pauli-Prinzip. Nur Elektronen mit entgegen­gesetztem Spin können sich näher­kommen und Paare bilden.

Die Elektronen in Atomen und Molekülen lassen sich mit Licht anregen, also von einem niedrigen Energie­niveau in ein höheres anheben. Dabei bestimmt die Lage der Energie­niveaus, welche Lichtfarben absorbiert werden – und die sind bezeichnend für das jeweilige Atom oder Molekül und liefern ein charakte­ris­tisches Spektrum. Üblicher­weise geben die Elektronen diese Energie anschließend sehr schnell wieder ab, zum Beispiel in Form von Licht (Fluoreszenz) oder Wärme (Bewegung der Kerne). Aus dem angeregten Zustand des Moleküls heraus können aber auch direkte photo­chemische Reaktionen statt­finden.

Die Gruppe von Christian Ott in der Abteilung von Thomas Pfeifer am MPI für Kernphysik arbeitet daran, Moleküle mit Lasern gezielt so zu manipulieren, dass sie eine bestimmte – und nur diese – Reaktion eingehen. Jetzt gelang ihnen ein grund­legender Schritt in diese Richtung mit einem trick­reichen Experiment und theoretischen Modell, das sie im Rahmen des STRUCTURES Exzellenz­clusters zusammen mit der Gruppe von Maurits Haverkort am Institut für theoretische Physik der Universität Heidelberg entwickelt haben.

Die Physiker realisierten erstmals ein Verfahren, um mit zwei verschieden­farbigen Laser­pulsen die effektive Austausch­wechsel­wirkung zwischen mehreren im Molekül gebundenen Elektronen zu beein­flussen und zu vermessen. Mit weichem Röntgenlicht regten sie in einem Schwefel­hexa­fluorid-Molekül ein tief an das Schwefelatom gebundenes Elektron an und erweiterten damit dessen Bewegungs­radius für kurze Zeit auf das gesamte Molekül, bevor es dieses verlässt. Das am Schwefel­atom entstandene Loch, beeinflusst durch die Spin-Bahn-Wechsel­wirkung der dort verbleibenden tief­ge­bundenen Elektronen, erzeugt dabei eine im Röntgen-Absorptions­spektrum messbare charakte­ris­tische Doppel­struktur zweier Linien. „Nun ist es aber so, dass durch die Austausch­wechsel­wirkung des angeregten Elektrons mit diesem zurück­bleibenden Loch diese Doppel­struktur nochmals verändert wird“, erklärt Patrick Rupprecht vom MPIK.

Gleichzeitig einge­strahltes intensives Infrarot-Laserlicht ermöglicht es nun, das angeregte Elektron in seiner Bewegung noch weiter zu treiben: Es wird polarisiert. Wie sich in der Studie heraus­stellte, führt dies zu einer geänderten effektiven Austausch­wechsel­wirkung mit dem Loch am Schwefelatom. Das zeigte sich im Experiment an einer charakte­ris­tischen Änderung der relativen Stärke der beiden Linien und ist auf die Symmetrie­eigen­schaften der beteiligten elektronischen Zustände zurück­zu­führen.

„Um ausschließlich die Bewegung der Elektronen möglichst ohne Einfluss der darauf folgenden Kern­bewegung zu unter­suchen, haben wir eine ultra­schnelle Technik mit kurzen Laser­pulsen von wenigen Femto­sekunden Dauer eingesetzt“, ergänzt Christian Ott. „Die Messungen zeigen, dass der Laser die effektive Austausch­wechsel­wirkung zwischen den beteiligten Elektronen erheblich beeinflusst – und dass das Maß dieser Beeinflussung durch die Intensität des Lichts kontrol­lierbar ist.“ Quanten­theoretische ab-initio-Simulationen unter­mauern das Ergebnis, das einen Weg weist zum Einsatz von Lasern als eine Art funda­mentaler chemischer Reagenzien, die direkt auf der quanten­mechanischen Ebene der Bindungs­elektronen ansetzen.

MPIK / RK

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