Internationale Partnerschaft in der Neutronenforschung
Verlängerung des Abkommens über die Neutronenquelle am Institut Laue-Langevin in Grenoble bis 2033.
Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland setzen ihre langjährige Partnerschaft in der Neutronenforschung fort. Am 15. September wurde in Paris ein Zusatzübereinkommen unterzeichnet, das die langjährige Zusammenarbeit der drei Vertragsstaaten als Träger des Institutes Laue-Langevin für den Zeitraum von 2024 bis 2033 verlängert. In der kommenden Vertragsperiode werden insgesamt etwa eine Milliarde Euro an Beiträgen erwartet. Das Zusatzübereinkommen sieht einen Betrieb des ILL bis Ende 2030 vor. 2027 wird über einen möglichen Weiterbetrieb bis 2033 entschieden, an den sich der Rückbau der Neutronenquelle anschließen wird.
Neutronen bieten Forschern einmalige Möglichkeiten für ein breites Feld von Anwendungen, etwa bei der Entschlüsselung von Mechanismen in Lungenzellen bei Covid-19-Infektionen, beim Verständnis der molekularen Prozesse bei Alzheimer-Erkrankung und der Verbesserung von Batterien für die Elektromobilität.
Das ILL ist eine internationale Forschungseinrichtung mit Sitz in Grenoble. Es wurde 1967 von Deutschland und Frankreich gegründet und betreibt seit 1971 die weltweit stärkste Neutronenquelle für Forschungszwecke. 1974 trat Großbritannien dem Abkommen bei. Der Haushalt des ILL beträgt etwa einhundert Millionen Euro pro Jahr. Neben den Vertragsparteien tragen weitere europäische Partnerstaaten etwa ein Viertel der jährlichen Kosten. Die Neutronenquelle und die Messplätze wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten in mehreren Programmen erneuert, die 2023 zum Abschluss kommen werden. Das ILL beschäftigt über fünfhundert Personen und betreut etwa vierzig Doktoranden.
Jährlich besuchen etwa 1400 Forscher aus Universitäten, Forschungszentren und Industrie das ILL, um hier Experimente durchzuführen, die zu etwa sechshundert Fachveröffentlichungen führen. Die Experimente mit Neutronen dienen der zerstörungsfreien Untersuchung der Struktur und Dynamik von Materie in den Bereichen Teilchenphysik, Materialwissenschaft, Biologie, Chemie und Medizin. Sie erlauben die Bestimmung von Struktur und Position aller einzelnen Atome eines Moleküls. Zudem erlauben sie Feststellungen zu deren Bewegung und Dynamik auf kleinsten Energieskalen.
Da das Neutron die einzige Sonde ist, mit der sowohl die Atomkerne als auch die magnetischen Eigenschaften der Elektronenhülle untersucht werden können, eignen sich Neutronen besonders gut für die Untersuchung der Mechanismen in komplexen Molekülen. Kürzlich konnte die Forschung am ILL wichtige Beiträge zum Verständnis des Eindringmechanismus von RNA des SARS-COV2-Virus in Lungenzellen leisten.
Neben dem ILL stellen in Europa vor allem die deutsche Forschungsneutronenquelle Heinz-Maier-Leibnitz in Garching, die britische Quelle ISIS und das schweizerische Paul-Scherrer-Institut Neutronen für Forschungszwecke zur Verfügung. Derzeit wird mit der Europäischen Spallationsquelle in Schweden eine beschleunigerbasierte Quelle errichtet und ab Mitte des Jahrzehntes in Betrieb gehen. Das ILL als derzeit leistungsfähigste europäische Neutronenquelle bietet eine verlässliche Basis für die an Bedarfen und Kapazitäten orientierte strategische Weiterentwicklung der europäischen Neutronenforschungslandschaft in den kommenden Jahren.
BMBF / RK
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