ITER unter Dach und Fach
Das internationale Milliardenprojekt ITER zur Stromgewinnung aus der Kernfusion ist unter Dach und Fach. Der Vertrag zur Errichtung des fünf Milliarden Euro teuren Forschungsreaktors wurde unterzeichnet.
Vertrag zum Bau des Fusionsreaktors ITER unterzeichnet
Paris (dpa) - Das internationale Milliardenprojekt ITER zur Stromgewinnung aus der Kernfusion ist unter Dach und Fach. Der Vertrag zur Errichtung des fünf Milliarden Euro teuren Forschungsreaktors in Cadarache (Südfrankreich) wurde am Dienstag im Pariser Elyséepalast unterzeichnet. Projektpartner sind die Europäische Union als Hauptfinancier sowie die USA, Russland, China, Japan, Indien und Südkorea.
Beim ITER arbeiteten Wissenschaftler weltweit im Interesse der ganzen Menschheit zusammen, sagte der französische Präsident Jacques Chirac bei der Vertragsunterzeichnung. Die Kernfusion solle es ermöglichen, «aus einem Liter Meerwasser so viel Energie zu ziehen wie aus einem Liter Erdöl oder einem Kilogramm Kohle. Wir reichen damit den künftigen Generationen im Namen der Solidarität und Verantwortung die Hand.» EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärte, mit dem ITER stellten sich die Partner der «doppelten Herausforderung» der Energiesicherheit und des Klimawandels.
ITER ist sehr langfristig angelegt. Der Reaktor, in dem Wasserstoff-Atomkerne verschmolzen werden, soll 2018 in Betrieb gehen und rund 20 Jahre laufen. Eine kommerzielle Stromgewinnung aus Fusionsreaktoren wird aber frühestens in einem halben Jahrhundert erwartet.
Die Kernfusion soll ohne die hohen Risiken der Kernspaltung eine praktisch unerschöpfliche Energiequelle erschließen. Sie ahmt den in der Sonne ablaufenden Prozess nach, indem die Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium unter Freisetzung großer Mengen Energie zu Helium verschmolzen werden. Deuterium ist zu einem kleinen Anteil in gewöhnlichem Wasser enthalten, Tritium muss der Reaktor selbst erzeugen, etwa aus Sand. Ein Gramm Brennstoff könnte nach Angaben des an ITER beteiligten Max-Planck-Instuituts für Plasmaphysik (IPP) in einem Kraftwerk 90 000 Kilowattstunden Energie erzeugen - die Verbrennungswärme von elf Tonnen Kohle.
Im Sommer 2005 hatten sich die ITER-Partner auf Cadarache als Standort für den Testreaktor geeinigt. Eine Bewerbung von Greifswald/Lubmin war am Widerstand der Grünen gescheitert. ITER steht für International Thermonuclear Experimental Reactor (Internationaler Thermonuklearer Versuchsreaktor). Der Betrieb wird genauso viel kosten wie der Bau, so dass das Projekt zehn Milliarden Euro umfasst.
Um ITER nach Europa zu holen, hat die EU Tokio zugesagt, zehn Prozent des Materials in Japan zu kaufen und dortige Forschungen mitzufinanzieren. Europa übernimmt die Standortkosten, das sind ein Fünftel der Investitionen. Davon trägt Frankreich die Hälfte. Von den Baukosten (vier Fünftel der Investitionen) trägt Europa 30 Prozent.
Das Forschungszentrum Jülich steuert für ITER seine Kenntnisse über die Innenwände der Fusionskammer bei. Sie soll das 100 Millionen Grad Celsius heiße, in Magnetfeldern eingeschlossene Plasma enthalten. Im Greifswalder IPP-Teilinstitut entsteht bis 2010 für 300 Millionen Euro das Kernfusionsexperiment Wendelstein 7X, das auch Tests für das ITER-Projekt übernehmen wird. Erstmals hatte 1991 der europäische Forschungsreaktor JET bei Oxford eine nennenswerte Fusionsleistung erzeugt. Dabei musste aber noch mehr Energie aufgewendet werden als gewonnen wurde.
Weitere Infos:
- Internet: www.iter.org