01.06.2006

Kampf um caesar

Das 1995 in Bonn gegründete Forschungszentrum caesar steht vor einschneidenden Veränderungen.


Kampf um Caesar

Bonn (dpa) - Das größte wissenschaftliche Projekt im Rahmen des Bonn-Berlin-Ausgleichs - das 1995 gegründete Forschungszentrum caesar - steht vor einschneidenden Veränderungen. Die «Denkfabrik für neue Märkte», wie das Center for Advanced European Studies and Research (caesar) zur Eröffnung des 100 Millionen Euro teuren Neubaus im Mai 2003 in Bonn bezeichnet wurde, ist in Turbulenzen geraten. Nach der Aufforderung des Wissenschaftsrats aus dem Jahr 2004, die Liste der Forschungsthemen zu überdenken und eine neue Leitungsstruktur auszuarbeiten» soll Anfang Juni der Stiftungsrat die Entscheidung herbeiführen, wie es mit Caesar weitergehen soll.

Die Stifter von caesar - das mit 10 Prozent beteiligte Land Nordrhein-Westfalen und der Bund - beauftragten nach der Kritik des Wissenschaftsrates die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) damit, ein Zukunftskonzept für Caesar zu entwickeln. Die von MPG-Präsident Peter Gruss eingesetzte Präsidentenkommission kam zu klaren, für die Caesar- Betroffenen sicher bitteren Erkenntnissen:

«Die Forschungsleistung ist in nicht zufrieden stellender Weise erbracht worden», sagt Gruss. Die Forschung sei nicht ausreichend fokussiert. Die Forschungsaktivitäten seien nicht ausreichend ins regionale Umfeld eingebettet. Zudem sei aus seiner persönlichen Sicht die Technologie-Transferschiene in nicht ausreichender Weise entwickelt worden.

Den Lösungsvorschlag formuliert Gruss so: «caesar wäre aus meiner Sicht eine unabhängige Stiftung, aber unter einem Schirm der MPG. Diese könnte dann über den Namen und die Reputation, die wir genießen, über unsere Qualitätssicherungsmaßnahmen darauf hinwirken, dass hier tatsächlich auch die besten Wissenschaftler einen Platz finden in diesem Gebäude.» Als künftige Forschungsschwerpunkte schlug die Präsidentenkommission drei Kernbereiche aus den Neurowissenschaften vor.

Den in den vergangenen Monaten aufgekommenen Vorwurf, die MPG plane eine «feindliche Übernahme» von Caesar weist Gruss zurück. «Eine feindliche Übernahme ist das Allerletzte, was unsere Intention wäre», sagt er. Die MPG habe 80 Institute und gründe auch neue Einrichtungen. «Insofern gibt es absolut keinen Bedarf, hier andere Institute übernehmen zu wollen.»

Dass es eine Neuausrichtung geben muss, ist auch den Verantwortlichen bei caesar klar. Auf die ursprüngliche Verärgerung über die vorgeschlagenen künftigen Forschungsschwerpunkte folgte Ernüchterung. Die Kerngebiete des unabhängig arbeitenden Instituts sind Materialwissenschaften und Nanotechnologie sowie Biowissenschaften und Medizintechnik. Diese vorhandenen Stärken würden in dem Vorschlag nicht berücksichtigt, hieß es in einer Stellungnahme von caesar. Allerdings steht dort auch: «In einem zukünftigen Forschungskonzept könnten die caesar-Kernkompetenzen mit einem künftigen Bereich Neurowissenschaften vernetzt werden.» Ansatzpunkte sieht caesar insbesondere bei der Neurosensorik und Neuroprothetik sowie der Neuroregeneration.

So wird die Entscheidung im Juni auf einen Kompromiss zulaufen. Es wäre sicher schwer, die MPG-Vorschläge völlig abzulehnen, sagt der Vorsitzende des Evaluationsausschusses beim Wissenschaftsrat, Friedrich Tegelbekkers. In mehreren Punkten gebe es sicher noch Beratungsbedarf.

Günter Wächter, dpa

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