28.11.2008

Karlsruhe: Zwischenlager für Atommüll verfassungsgemäß

Kein Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Schutzpflicht des Staates für seine Bürger

Karlsruhe (dpa) - Atomare Zwischenlager in der Nähe deutscher Kernkraftwerke verstoßen nicht gegen die verfassungsrechtliche Schutzpflicht des Staates für seine Bürger. Das entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Mit einem am 27. November veröffentlichten Beschluss billigte das Gericht das mit dem Atomausstieg beschlossene Konzept, wonach Atommüll nicht mehr in den zentralen Zwischenlagern Ahaus und Gorleben aufbewahrt wird, sondern dezentral an den Standorten der Kernkraftwerke.

Die Richter wiesen Verfassungsbeschwerden gegen die Zwischenlager an den bayerischen Standorten Gundremmingen, Niederaichbach und Grafenrheinfeld ab. Die Beschwerdeführer befürchteten erhöhte Risiken durch Terroranschläge und monierten zudem, dass ein umfassendes Endlagerkonzept noch nicht absehbar sei. Bundesweit sind inzwischen zwölf Zwischenlager bei den jeweiligen Atomkraftwerken in Betrieb, ein weiteres im baden-württembergischen Obrigheim ist beantragt. Mit der dezentralen Lagerung sollten die umstrittenen Castor-Transporte vermieden werden. (Az: 1 BvR 2456/06 - Beschluss vom 12. November 2008)

Nach den Worten der Verfassungsrichter ist die Zwischenlagerung an den jeweiligen Standorten grundsätzlich nicht risikoreicher als die zentrale Lagerung. Das Gericht verwies auf seine Grundsatzentscheidung von 1978, wonach der Betrieb nuklearer Anlagen zulässig ist, wenn Gefahren und Risiken nach dem Stand der Wissenschaft «praktisch ausgeschlossen» sind. Hinzunehmen sei allerdings ein gewisses Restrisiko. «Ungewissheiten jenseits dieser Schwelle praktischer Vernunft haben ihre Ursache in den Grenzen des menschlichen Erkenntnisvermögens und sind als unentrinnbare und insofern sozialadäquate Lasten von allen Bürgern zu tragen», heißt es in der Entscheidung.

Ob dies auch vor dem Hintergrund eines fehlenden umfassenden Endlager-Konzepts gelte, «diese Frage zu beantworten obliegt indessen nicht dem Bundesverfassungsgericht», befanden die Richter. Das Grundgesetz erlaube die Nutzung der Atomenergie zu friedlichen Zwecken seit 1959, und bisher habe der Gesetzgeber daran festgehalten.

Atomkraftgegner kritisierten den Beschluss. Das Gericht weigere sich, der «Ungeheuerlichkeit ins Auge zu sehen», dass es keine Entsorgung für die Zwischenlager gebe und der Atommüll die Gesellschaft bedrohe, erklärte das «Forum Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik».

Nach den Worten von Bayerns Umweltminister Markus Söder schafft die Entscheidung Rechtssicherheit. Er forderte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel auf, endlich das Endlager- Projekt Gorleben zu erkunden. «Wir brauchen Gorleben, damit die umstrittenen Zwischenlager geräumt werden können.»

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