Kettenreaktion im Schaum
Beim Platzen von Seifenblasen zurückschnellende Tropfen zerschießen weitere Blasen und führen zu einem exponentiellen Anschwellen des Zerstörungswerks.
Hans Joachim Schlichting, Münster
Seifenschäume, die beim Geschirrspülen entstehen, halten nicht sehr lange. Zu Beginn platzt mal hier, mal dort eine Blase. Es gibt aber auch Situationen, in denen die Blasen kaskadenartig, oft von einer Serie hörbarer Klickgeräusche kollabieren. Es ist so als ob kleine Luftballons platzen würden. Wie diese stehen die Blasen unter Druck, und sobald die aus Seifenwasser bestehende Blasenhaut zu dünn oder durch irgendwelche Störungen perforiert wird, entweicht die komprimierte Luft: Die Blase platzt.
Der Druck in einer Blase kann als Konsequenz des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik angesehen werden. Demnach ist die Natur bestrebt, so viel Energie wie unter den gegebenen Bedingungen möglich an die Umgebung abzugeben. Da die Bildung der Blasenoberfläche Energie erfordert, folgt daraus die Tendenz, diese zu verkleinern. Dieses Bestreben äußert sich in einer entsprechenden Oberflächenspannung. Die Luft wird dadurch unter Druck gesetzt, bis dieser die Oberflächenspannung kompensiert.
Wie es zu den eingangs erwähnten Kaskaden platzender Blasen kommt, haben vor einigen Jahren japanische Wissenschaftler genauer untersucht. Sie entdeckten dabei insbesondere zwei verschiedene Mechanismen, die für die Abnahme der Anzahl von Blasen verantwortlich sind.
Der eine Mechanismus besteht darin, dass die Flüssigkeit in den Wänden vor allem infolge der Schwerkraft abläuft. Dadurch wird die eine oder andere Wand schließlich so dünn, dass sie dem Druck nicht mehr standhalten kann. Sie platzt und gibt Anlass zur Entstehung einer größeren Blase.
Der zweite Mechanismus ist mechanischer Art. Wenn eine unter Druck stehende Blasenwand reißt, schnellen die Relikte der Wand zurück und ziehen sich zu Tropfen mit minimaler Oberfläche zusammen. Auf diese Weise beschleunigt schießen die so entstandenen Tropfen aus Trägheit über das Ziel hinaus und werden zu Minigeschossen. Sie durchdringen weitere Lamellen und lassen diese kollabieren. Der Vorgang wiederholt sich, sodass eine Art Kettenreaktion platzender Blasen ausgelöst wird. Dies führt zu einem schnellen Verschwinden von Blasen und damit des Schaums, bis nur noch eine kleine Flüssigkeitslache übrigbleibt.
In welchem Maße dieser zweite Mechanismus zur Geltung kommt, hängt vor allem vom Flüssigkeitsgehalt des Schaums ab. Je größer dieser ist, desto langsamer sind die entstehenden Tropfen. Damit sinkt ihre Fähigkeit, die umgebenden Blasenwände zu durchdringen und zum Platzen zu bringen. Auf diese Weise lässt sich auch erklären, warum die Blasenwände in frischem und reichlich nassem Schaum zunächst nur langsam platzen. Erst wenn die Lamellen genügend entwässert sind, steigt die Zahl der platzenden Wände und damit der beschleunigten Tropfen, die wiederum ihrerseits Wände zerschießen usw. Das Verschwinden des Schaums wächst dadurch kaskadenartig an.