KI für neue Corona-App
CoVis liefert individuelle Handlungsempfehlungen.
Von der theoretischen Physik zum Unternehmer: Desy-Physiker Ayan Paul bringt mit seinem Spin-Off eine neue App gegen Corona auf den Markt. Sie kombiniert öffentliche Daten mit persönlichen Informationen und dem Aufenthaltsort und stellt dem Nutzer so eine ganz individuelle Einschätzung seiner momentanen Covid-Gefährdung mit Handlungsempfehlungen zur Verfügung. Die neue App namens CoVis ist ab sofort im App Store für iOS und Android verfügbar. Sie stellt den Nutzern Informationen zur aktuellen Corona-Lage bereit, um sich jeden Tag optimal vor dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen.
Die App meldet zum Beispiel Regionen mit besonderer Ansteckungsgefahr, damit diese gemieden werden können. Die App soll Einzelpersonen genauso helfen, wie Gemeinden, Unternehmen, Schulen aber auch Krankenhäusern. Gesundheitsämter und andere öffentliche Institutionen können anhand der zuverlässigen Daten Sicherheitsvorkehrungen und gesundheitliche Richtlinien anpassen. Anders als andere Apps nutzt CoVis dafür keinerlei Kontaktverfolgung. Persönliche Daten bleiben auf dem jeweiligen Gerät, Daten- und Persönlichkeitsschutz sind hundertprozentig gewahrt.
CoVis verwendet künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen von robusten, nachvollziehbaren Algorithmen, um Covid-19-Entwicklungen vorherzusagen und Anomalien in der Ausbreitung des Virus zu identifizieren. Als Grundlage dienen öffentlich verfügbare Daten, neueste Studienergebnisse und anderes vorhandenes medizinisches Wissen. In die App geben Nutzer persönliche Informationen wie Alter, Vorerkrankungen und Reisegewohnheiten ein. Ohne dass diese Daten das Mobilgerät verlassen, speist CoVis sie in den proprietären Algorithmus ein und errechnet daraus, welche Verhaltensweisen und Orte unter den aktuellen Umständen für den individuellen Nutzer gefährlich sind. So kann jeder fundierte Entscheidungen treffen, welche Orte und Risiken man lieber vermeiden möchte.
Entwickelt wurde CoVis von einem Team junger Forschenden, IT- und Gesundheitsexpertinnen und -experten, die sich im April 2020 anlässlich der Covid-19-Challenge des Massachusetts Institute of Technology in den USA zusammenfanden. Engagierte Menschen unterschiedlichster Felder und aus aller Welt entwickeln in einem Hackathon neue Ansätze zur Lösung eines gesellschaftlichen Problems. Es bildeten sich Teams, die binnen eines Wochenendes Ideen entwickelten, um der Pandemie mit digitalen Instrumenten entgegenzuwirken.
Das CoVis-Team hat den Wettbewerb und auch eine Folgeveranstaltung gewonnen, auf der einige Monate später die fortgeführten Projekte erneut bewertet wurden. Ein Mitglied des CoVis-Teams ist Ayan Paul, Theoretiker bei Desy. Er konnte seine Erfahrung und sein Wissen im Bereich Datenauswertung und statistische Modelle einbringen, die er bei der Analyse von Experimenten an Teilchenbeschleunigern gewonnen hat. Analog haben auch die anderen Teammitglieder ihre Expertise etwa in der Entwicklung von Apps oder im Gesundheitswesen eingebracht. Mit gebündelter Kraft setzen sie ihre Fähigkeiten ein, um gemeinsam einen Beitrag zur Überwindung der Pandemie zu leisten. Begleitet wurde und wird das CoVis-Team auch vom Desy-Start-up Office. Es half bei der Entwicklung eines Business-Plans, bei der Suche nach Partnern und der letztlichen Gründung des Unternehmens CoVis Inc.
Desy hat die Initiative frühzeitig etwa mit einer Förderung durch einen Strategie-Fonds unterstützt. „Kernkompetenzen aus der Grundlagenforschung zur Lösung von gesellschaftsrelevanten Problemen einsetzen, das ist eines der Ziele Desys“, sagt Arik Willner, Chief Technology Officer. „Mit seinem vorbildlichen Einsatz zeigt Ayan Paul, was Physik leisten kann, wie z.B. das Analysieren und Modellieren von großen Datenmengen, um das persönliche Risiko für eine Corona-Infektion abzuschätzen.“ Darin sieht auch Ayan Paul selbst seinen Antrieb, einen Großteil seiner Freizeit neben seinem Fulltime-Job in CoVis zu investieren: „Ich möchte mein Wissen und meine speziellen Fähigkeiten zum Wohl der Gesellschaft einsetzen und helfen, die Krise zu bewältigen.“ Hinzu kommt die Inspiration, die er aus der Zusammenarbeit mit den anderen Teammitgliedern zieht, die einander zuvor nicht kannten: „Wir alle verfolgen dieselbe Vision. Das hat uns zusammengeschweißt, so dass wir CoVis sehr schnell entwickeln konnten.“
Als nächste Schritte will das CoVis-Team, das gerade auch als Finalist für die diesjährige Falling-Walls-Konferenz ausgewählt wurde, die App auch in weiteren Sprachversionen und Ländern anbieten. Langfristig will die junge Firma sich weiteren Herausforderungen des globalen Seuchenschutzes widmen. Zukünftige Entwicklungen sollen weitere Algorithmen und Anwendungen hervorbringen, die eine neue Ära des Seuchenmanagements einläutet – nicht nur in den Industrienationen, sondern auch in Entwicklungsländern.
DESY / JOL