03.08.2021

KI für neue Corona-App

CoVis liefert individuelle Handlungsempfehlungen.

Von der theoretischen Physik zum Unternehmer: Desy-Physiker Ayan Paul bringt mit seinem Spin-Off eine neue App gegen Corona auf den Markt. Sie kombiniert öffentliche Daten mit persönlichen Infor­mationen und dem Aufenthalts­ort und stellt dem Nutzer so eine ganz individuelle Einschätzung seiner momentanen Covid-Gefährdung mit Handlungs­empfehlungen zur Verfügung. Die neue App namens CoVis ist ab sofort im App Store für iOS und Android verfügbar. Sie stellt den Nutzern Infor­mationen zur aktuellen Corona-Lage bereit, um sich jeden Tag optimal vor dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen.

Abb.: Teilchenphysiker und Firmengründer Ayan Paul. (Bild: M. Mayer, DESY)
Abb.: Teilchenphysiker und Firmengründer Ayan Paul. (Bild: M. Mayer, DESY)

Die App meldet zum Beispiel Regionen mit besonderer Ansteckungsgefahr, damit diese gemieden werden können. Die App soll Einzelpersonen genauso helfen, wie Gemeinden, Unternehmen, Schulen aber auch Kranken­häusern. Gesundheits­ämter und andere öffentliche Institutionen können anhand der zuverlässigen Daten Sicherheits­vorkehrungen und gesundheitliche Richtlinien anpassen. Anders als andere Apps nutzt CoVis dafür keinerlei Kontakt­verfolgung. Persönliche Daten bleiben auf dem jeweiligen Gerät, Daten- und Persönlichkeits­schutz sind hundertprozentig gewahrt.

CoVis verwendet künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen von robusten, nachvoll­ziehbaren Algorithmen, um Covid-19-Entwicklungen vorher­zusagen und Anomalien in der Ausbreitung des Virus zu identi­fizieren. Als Grundlage dienen öffentlich verfügbare Daten, neueste Studien­ergebnisse und anderes vorhandenes medizinisches Wissen. In die App geben Nutzer persönliche Informationen wie Alter, Vorer­krankungen und Reise­gewohnheiten ein. Ohne dass diese Daten das Mobilgerät verlassen, speist CoVis sie in den proprietären Algorithmus ein und errechnet daraus, welche Verhaltens­weisen und Orte unter den aktuellen Umständen für den indivi­duellen Nutzer gefährlich sind. So kann jeder fundierte Entschei­dungen treffen, welche Orte und Risiken man lieber vermeiden möchte.

Entwickelt wurde CoVis von einem Team junger Forschenden, IT- und Gesundheits­expertinnen und -experten, die sich im April 2020 anlässlich der Covid-19-Challenge des Massachusetts Institute of Technology in den USA zusammenfanden. Engagierte Menschen unter­schiedlichster Felder und aus aller Welt entwickeln in einem Hackathon neue Ansätze zur Lösung eines gesell­schaftlichen Problems. Es bildeten sich Teams, die binnen eines Wochenendes Ideen entwickelten, um der Pandemie mit digitalen Instrumenten entgegen­zuwirken.

Das CoVis-Team hat den Wettbewerb und auch eine Folge­veranstaltung gewonnen, auf der einige Monate später die fortgeführten Projekte erneut bewertet wurden. Ein Mitglied des CoVis-Teams ist Ayan Paul, Theoretiker bei Desy. Er konnte seine Erfahrung und sein Wissen im Bereich Daten­auswertung und statistische Modelle einbringen, die er bei der Analyse von Experimenten an Teilchen­beschleunigern gewonnen hat. Analog haben auch die anderen Teammitglieder ihre Expertise etwa in der Entwicklung von Apps oder im Gesundheits­wesen eingebracht. Mit gebündelter Kraft setzen sie ihre Fähigkeiten ein, um gemeinsam einen Beitrag zur Überwindung der Pandemie zu leisten. Begleitet wurde und wird das CoVis-Team auch vom Desy-Start-up Office. Es half bei der Entwicklung eines Business-Plans, bei der Suche nach Partnern und der letztlichen Gründung des Unternehmens CoVis Inc.

Desy hat die Initiative frühzeitig etwa mit einer Förderung durch einen Strategie-Fonds unterstützt. „Kern­kompetenzen aus der Grundlagen­forschung zur Lösung von gesellschafts­relevanten Problemen einsetzen, das ist eines der Ziele Desys“, sagt Arik Willner, Chief Technology Officer. „Mit seinem vorbild­lichen Einsatz zeigt Ayan Paul, was Physik leisten kann, wie z.B. das Analysieren und Modellieren von großen Daten­mengen, um das persönliche Risiko für eine Corona-Infektion abzuschätzen.“ Darin sieht auch Ayan Paul selbst seinen Antrieb, einen Großteil seiner Freizeit neben seinem Fulltime-Job in CoVis zu investieren: „Ich möchte mein Wissen und meine speziellen Fähig­keiten zum Wohl der Gesellschaft einsetzen und helfen, die Krise zu bewältigen.“ Hinzu kommt die Inspiration, die er aus der Zusammen­arbeit mit den anderen Team­mitgliedern zieht, die einander zuvor nicht kannten: „Wir alle verfolgen dieselbe Vision. Das hat uns zusammen­geschweißt, so dass wir CoVis sehr schnell entwickeln konnten.“

Als nächste Schritte will das CoVis-Team, das gerade auch als Finalist für die diesjährige Falling-Walls-Konferenz ausgewählt wurde, die App auch in weiteren Sprach­versionen und Ländern anbieten. Langfristig will die junge Firma sich weiteren Heraus­forderungen des globalen Seuchen­schutzes widmen. Zukünftige Entwicklungen sollen weitere Algorithmen und Anwendungen hervorbringen, die eine neue Ära des Seuchen­managements einläutet – nicht nur in den Industrie­nationen, sondern auch in Entwicklungs­ländern.

DESY / JOL

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