Kohlekraftwerke - ein Schlüssel zum Klimaschutz
Die Technik von Kohlekraftwerken ist eine der Schlüsselfragen, um das Weltklima zu entlasten. Das ist ein Ergebniss des Weltenergiekongresses in Rom.
Kohlekraftwerke - ein Schlüssel zum Klimaschutz
Rom (dpa) - Die künftige Technik von Kohlekraftwerken ist eine der Schlüsselfragen, wenn das Weltklima von schädlichen Gasen wie Kohlendioxid entlastet werden soll. Das ist eines der wesentlichen Ergebnisse der Debatten auf dem Weltenergiekongress in Rom. Nur wenn es gelingt, möglichst schnell saubere und damit CO2-freie Kohlekraftwerke auf breiter Basis konkurrenzfähig zu machen, kann ein massiver Anstieg der Emissionen in China, Indien und anderen Schwellenländern verhindert werden. Die Chancen stehen nicht besonders gut.
Ausgangspunkt für die Überlegungen sind die mittel- und langfristigen Energieprognosen, zum Beispiel des Weltenergierates (WEC) oder der Internationalen Energie-Agentur (IEA), die bei der Konferenz präsentiert wurden. Die Vorhersagen unterscheiden sich teilweise im Zeithorizont und in Details, sie laufen aber im wesentlichen auf die gleichen Ergebnisse heraus. Demnach erhöht sich der weltweite Energieverbrauch in den nächsten 20 Jahren ungefähr um die Hälfte. Dieser Zuwachs stammt fast ausschliesslich aus Schwellenländern; die reifen Industrieländer steigern ihren Energieverbrauch kaum noch. Rund die Hälfte des Zuwachses kommt allein aus China und Indien, weitere bedeutende Beiträge aus Brasilien und Russland.
Ungeachtet der steigenden Bedeutung der erneuerbaren Energien und der Kernenergie, die weltweit zunehmen werden, leisten die fossilen Energieträger Öl, Gas und Kohle weiterhin den wesentlichen Beitrag zur Energieversorgung. Heute sind es mehr als 80 Prozent, künftig kaum weniger. Unter ihnen weist die Kohle die höchsten Wachstumsraten auf und wird ihren Anteil am weltweiten Energiemix von heute 25 auf 28 Prozent erhöhen. Folge: Die weltweiten CO2-Emissionen des Energiesektors steigen um 57 Prozent von 27 auf 42 Gigatonnen.
Schon in diesem Jahr wird China die USA als weltgrößter CO2-Produzent ablösen. Die chinesische Wirtschaft ist stärker als andere Ökonomien produktionsorientiert, mehr als 52 Prozent der Wirtschaftsleistung entfallen auf die Industrie. «China ist die Werkbank der Industrieländer», sagt IEA-Direktor Nobuo Tanaka. Rund ein Drittel der CO2-Emissionen des Landes stehen in direktem Zusammenhang mit Lieferungen an die Industrieländer. An dem wirtschaftlichen Wachstum der Schwellenländer wird sich nach allen vorliegenden Szenarien nichts ändern lassen. «Die Vorstellung, das Energiewachstum lasse sich stoppen, ist abwegig», sagte E.ON-Vorstand Johannes Teyssen.
In China geht ungefähr jede Woche ein neues Kohlekraftwerk ans Netz. Diese Kraftwerke entsprechen modernen Standards mit Wirkungsgraden von mehr als 40 Prozent, doch sie produzieren große Mengen CO2. Die Entwicklung sauberer Kohlekraftwerke ist technisch auf dem Weg, aber noch nicht wirtschaftlich. Erst 2015 sollen in der EU die ersten Versuchskraftwerke laufen, ab 2020 soll die Technik in Europa Standard sein. Dabei wird das CO2 abgespalten und zum Beispiel in ausgeförderten Gasfeldern gelagert. Notwendig ist dazu eine komplett neue Infrastruktur, ähnlich wie beim Gas, mit Transporteinrichtungen, End- und Zwischenlagern. Der Wirkungsgrad, also die Energieausbeute der Kraftwerke, verringert sich empfindlich.
Unklar ist, wie sich die neue Technik auch dort durchsetzen soll, wo sie am dringendsten gebraucht wird, in China und Indien. Werner Brinker, einer der Präsidenten des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), kann sich vorstellen, nicht nur die Technologie nach China zu transferieren, sondern auch mit Geld die Einführung zu unterstützen. In Europa deutet sich unterdessen bereits an, dass die Bevölkerung in der Nähe der möglichen CO2-Endlagerstätten gegen die Einlagerung des Klimagases Front machen könnte. Dafür hat die Branche gar kein Verständnis mehr. Brinker: «Dort lag über tausende Jahre Erdgas, und kein Mensch hat sich dafür interessiert.»
Eckart Gienke, dpa