16.05.2022

Komplexe physikalische Systeme modellieren

Neue Forschungsgruppe in Magdeburg nimmt Arbeit an Daten-basierter Modellierung auf.

Am Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme Magdeburg hat im April 2022 die neue Forschungsgruppe Daten-basierte Modellierung komplexer physikalischer Systeme (DMP) unter der Leitung des Mathematikers Feliks Nüske ihre Arbeit aufgenommen. Sie ist in der Abteilung Numerische Methoden in der System- und Regelungs­theorie (Peter Benner) angesiedelt. Ziel ist die mathematische Beschreibung komplexer nicht-linearer Systeme in den Natur- und Ingenieur­wissenschaften.

 

Abb.: Feliks Nüske leitet die neue Forschungs­gruppe Daten-basierte...
Abb.: Feliks Nüske leitet die neue Forschungs­gruppe Daten-basierte Modellierung komplexer physikalischer Systeme. (Bild: G. Ebel / MPI Magdeburg)

In den Natur- und Ingenieur­wissenschaften gibt es zahlreiche Problemstellungen, deren zuverlässige und effiziente Simulation am Computer nach wie vor ein weitgehend offenes Problem ist. Fortschritte bei der Lösung solcher Probleme wären von großer Bedeutung, da Simulationen dann aufwändige Experimente zum Teil ersetzen könnten, und weil bestimmte Größen in der Praxis experimentell gar nicht ermittelt werden können. Als Beispiel kann man an den Bindungsprozess kleiner Moleküle an Proteine im Körper denken – wichtig für die Entwicklung von Medikamenten.

Solche komplexen dynamischen Systeme sind von einer Vielzahl an Größen abhängig. Mathematisch ausgedrückt sind sie enorm hoch-dimensional. Weiterhin müssen in Simulationen oft große Zeitintervalle betrachtet werden. Beispielsweise muss man bei der molekularen Simulation eines Biomoleküls für jedes Atom drei Orts- und Impuls­koordinaten speichern. Für realistische Systeme liegt damit die Zahl der relevanten Größen bei hundert­tausenden oder mehr. Diese Größen müssen dann ihrerseits oft für Millionen Zeitschritte oder mehr gespeichert werden. Dies ist in vielen Fällen selbst auf Großrechenanlagen schlichtweg unmöglich.

Schließlich sind auch die in Simulationen verwendeten Modelle keinesfalls in Stein gemeißelt. In vielen Fällen liegt zwar ein physikalisches Grund­modell vor – wie die Grundgleichungen der Quanten­physik für molekulare Simulationen – jedoch ist deren Lösung für viele komplexe Systeme außer Reichweite. Stattdessen muss man mit geeigneten Ersatzmodellen arbeiten, für deren Definition es jedoch kein „Kochrezept“ gibt.

Die Forschung der DMP-Gruppe wird sich daher darauf konzentrieren, neue mathematische Verfahren zu entwickeln, um vorhandene Daten in Hinblick auf die Lösung der genannten Probleme geschickt zu analysieren und zu kombinieren. Im Fokus liegt vor allem die Entwicklung von Algorithmen, jedoch sollen Anwendungen auf molekulare Systeme ebenfalls einen Schwerpunkt der Arbeit der neuen Gruppe bilden.

Feliks Nüske freut sich auf eine enge Kooperation mit den Forschungs­gruppen am Max-Planck-Institut, unter anderem mit denjenigen, die hier bereits mit mathematischem Schwerpunkt tätig sind. Feliks Nüske bringt mit seiner Gruppe hierfür die Expertise zu stochastischen dynamischen Systemen und zur Koopman-Theorie ein. Diese ist ein abstraktes mathematisches Konzept, das bereits in den 1930er Jahren etabliert wurde und in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren durch das rasante Wachstum an Rechenkapazitäten an neuer Bedeutung gewonnen hat. Die DMP-Gruppe wiederum kann von der bestehenden Expertise zur Modell­reduktion und zur numerischen linearen Algebra am MPI Magdeburg profitieren.

Weitere Anknüpfungspunkte sieht Feliks Nüske zunächst insbesondere bei der Forschungsgruppe molekulare Simulationen und Design. Hier bestehe großes Potential für einen regen Austausch zwischen Methoden­entwicklung und konkreten physikalischen Fragestellungen im Bereich der molekularen Simulation und des High-Performance Computing. Es steht zu erwarten, dass sich in der Zukunft weitere interessante Kooperationen mit den anderen Fachgruppen am MPI entwickeln.

MPI Magdeburg / DE

 

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