Korrelierte Quantenzustände in Protein-Kristallen
Absorption von Terahertz-Strahlung beeinflusst Vibrationsmoden und Struktur der Makromoleküle – Erster Nachweis einer Fröhlich-Kondensation.
In einem Bose-Einstein-Kondensat teilen sich alle Atome den gleichen Quantenzustand. Einen vergleichbaren Effekt sagte 1968 der deutsch-britische Physiker Herbert Fröhlich für Proteinmoleküle voraus. Diese Fröhlich-Kondensation, bei der sich die gesamte Vibrationsenergie in einem einzigen Schwingungszustand konzentriert, konnte nun eine schwedisch-deutsche Forschergruppe erstmals experimentell bestätigen. Der Nachweis dieses exotischen Phänomens könnte auch einen praktischen Nutzen nach sich ziehen, wenn sich in Zukunft die Reaktivität von Proteinen durch Terahertz-Strahlung über Fröhlich-Kondensate kontrolliert beeinflussen ließe.
Abb.: Lysozym-Moleküle in einem Kristallgitter: Unter Terahertz-Strahlung vereinen sich alle Schwingungsmoden auf dem energetisch niedrigstem Niveau. (Bild: G. Katona et al.)
Ida Lundholm und ihre Kollegen von der Universität Göteborg griffen für die aufwändigen Messungen zu Kristallen aus dem Enyzmprotein Lysozym, das sie aus Hühnereiweiß gewonnen hatten. Um den Einfluss von Terahertz-Strahlung (Frequenz 0,4 THz) auf die Proteinkristallstruktur zu messen, setzten sie ihre Probe simultan stark gebündelter Röntgenstrahlung am Synchrotron des Hamburger Forschungszentrums Desy aus. Über die kristallographische Auswertung der gestreuten Röntgenstrahlung konnten sie sowohl Strukturänderungen der komplexen Proteinstruktur als auch Änderungen in der relativen Elektronendichte ermitteln.
Für die Analyse nahmen Lundholm und Kollegen jeweils zwei Datensätze auf – mit und ohne Terahertz-Strahlung. Aus der Subtraktion der Messdaten ließ sich so der Einfluss der Terahertz-Strahlung klar bestimmen. So wurde die Helix-Struktur des Proteinmoleküls unter Terahertz-Strahlung etwas gestaucht. Diese Stauchung hielt mit bis zu einigen Millisekunden ungewöhnlich lange an. Thermische Prozesse, die bei der Absorption von Terahertz-Strahlung eigentlich nahe liegen, verlaufen jedoch um ein Vielfaches schneller. Die einzige Erklärung für die relativ langlebigen Strukturveränderungen fanden die Forscher in der Theorie der Fröhlich-Kondensation mit dem korrelierten Schwingungszustand im Proteinmolekül.
Als wichtigsten Punkt ihrer Experimente sehen die Forscher, dass sie strukturelle Veränderungen in Proteinen nachweisen konnten, die nicht von thermischen Dissipationsprozessen verursacht wurden. Aus früheren Studien ist bereits bekannt, dass die Reaktivität von Enzymen und anderen Proteinen von den Vibrationsmoden in den Makromolekülen abhängen kann. Daher könnte die Absorption von Terahertz-Strahlung mit der Erzeugung von Fröhlich-Kondensaten ebenfalls das Reaktionsverhalten der Proteine beeinflussen.
Mit dem experimentellen Nachweis der Fröhlich-Kondensation ist nur ein allererster Schritt getan. Sollten weitere Versuche zeigen, dass Terahertz-Strahlung Auswirkungen etwa auf Enzymreaktionen nach sich ziehen, könnte man biochemische Verfahren und Prozesse so möglicherweise weiter optimieren.
Jan Oliver Löfken
Weitere Infos
Weitere Beiträge
DE