19.01.2018

Kosmischer Steinschlag

Was passiert, wenn ein großer Asteroid einschlägt? Eine neue Studie belegt, wie häufig solche Ereignisse sind und welche Konsequenzen sie haben.

Ein Asteroideneinschlag hat das Ende der Dinosaurier eingeläutet. Besteht eine ähnliche Gefahr für uns heute? Tatsächlich kollidieren täglich Asteroiden mit der Erde. Dabei handelt es sich häufig nur um kleine Objekte, die Sternschnuppen produzieren. Was passiert aber, wenn die Asteroiden größer sind? Eine neue Studie erläutert, wie häufig solche Ereignisse vorkommen und welche Konsequenzen sie haben. Außerdem erklärt sie, welche Möglichkeiten des Selbstschutzes wir haben und wie Asteroiden für uns über die Einschlagsgefahr hinaus interessant sind.

Wenn Asteroiden der Sonne näher als 1,3 AE ( eine Astronomische Einheit AE entspricht dem mittleren Abstand zwischen Erde und Sonne von etwa 150 Mio. Kilometern) kommen, werden sie Erdnahe Objekte (Englisch: Near-Earth Object, NEO) genannt. Laut der Europäischen Raumfahrtagentur ESA sind derzeit etwa 17500 NEOs beobachtet worden und deren Flugbahnen hinreichend bekannt. Allerdings entspricht dies nur einem geringen Anteil der gesamten NEO-Population. Bisher haben wir weit weniger als 1 % dieser Wegbegleiter entdeckt (Abbildung 1).

Abb. 1 Anzahl der erwarteten Asteroiden in Abhängigkeit vom Durchmesser. Unterhalb von einigen hundert Metern sind viele Asteroiden noch unentdeckt.

Um Asteroideneinschläge auf der Erde zu simulieren, wurde das Softwareprogramm Asteroid Risk Mitigation Optimization and Research (ARMOR) an der University of Southampton entwickelt. ARMOR hat zwei Funktionsmodi: Im ersten werden die Bahninformationen von beobachteten Asteroiden eingegeben. Das Programm berechnet dann Ort, Geschwindigkeit und Flugbahnwinkel des Asteroiden in die obere Atmosphäre. Im zweiten Modus werden ARMOR diese Kollisionsdaten direkt zur Verfügung gestellt, und die Software berechnet daraus den Asteroidenfall durch die Atmosphäre unter Berücksichtigung von aerodynamischen Kräften und Asteroideneigenschaften wie Durchmesser, Dichte und innerer Stärke. Die Simulation bestimmt, ob der Asteroid in der Luft explodiert oder den Boden intakt erreicht und welche Energie im jeweiligen Szenario freigesetzt wird. Letztere manifestiert sich in sieben Einschlagsfolgen: Windstoß, Überdruckschock, Wärmestrahlung, Kraterformung, seismische Stöße, Kratermaterialauswurf (Ejekta) und Tsunamis. Hierbei haben wir nur die direkten Auswirkungen auf den Menschen berücksichtigt und auf die Simulation von Langzeitkonsequenzen wie Brände und eine mögliche Verdunkelung der Atmosphäre verzichtet.

Mit der so eingerichteten Software war es nun möglich, Asteroideneinschläge auf der Erde zu simulieren, zu berechnen wie viele Menschen potenziell gefährdet sind und darüber hinaus Einsicht darin zu erlangen, welche der Einschlagseffekte für die meisten Verluste verantwortlich sind. Diese wertvollen Informationen helfen, die Asteroideneinschlagsgefahr besser zu verstehen und zu entscheiden, welche Schutzmaßnamen für die Bevölkerung effektiv sein können.

Für eine solche Studie wurde eine Vielzahl von Einschlagsszenarien simuliert, welche die statistischen Eigenschaften von möglichen Asteroideneinschlägen mit unterschiedlichen Orten, Winkeln und Geschwindigkeiten der Asteroiden berücksichtigen. Das Ergebnis: Die weitaus größten Schäden werden durch aerothermische Effekte (Windstoß, Überdruckschock und Wärmestrahlung) verursacht, die sowohl bei Bolidenereignissen in der Atmosphäre wie auch bei Einschlägen auf der Erdoberfläche auftreten. Tsunamis spielen eine wichtige, aber kleinere Rolle als es Katastrophenfilme wie Deep Impact suggerieren. Interessant ist auch, dass bodengebundene Effekte wie seismische Stöße und die Kraterformierung einen nur sehr kleinen Beitrag zu den Gesamtschäden leisten.

Diese Beobachtungen können dabei helfen zu entscheiden, wie Katastrophenschutzbehörden die Bevölkerung am effektivsten vor der Eventualität eines großen Asteroideneinschlags schützen können.

Clemens Rumpf, University of Southampton

Der wesentlich umfangreichere Originalartikel ist in der aktuellen Ausgabe von Physik in unserer Zeit erschienen. Sie finden ihn bis Ende 2018 hier zum freien Download.

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