Langlebige Kondensstreifen lassen sich vermeiden
Wetterabhängiges Ausweichen auf geringfügig andere Flughöhen verringert die Klimawirkung des Luftverkehrs.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt und das Maastricht Upper Area Control Centre haben gemeinsam nachgewiesen, dass sich langlebige Kondensstreifen durch geringe Veränderung der Flughöhe vermeiden lassen. Das erprobte Verfahren ist ein wichtiger Schritt, um langfristig die Klimawirkung des Luftverkehrs deutlich zu verringern.
Aufgrund der Corona-Pandemie gab es 2021 erheblich weniger Flugverkehr als in den Jahren zuvor. Ein Forschungsteam um Robert Sausen vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre und Rüdiger Ehrmanntraut von MUAC nutzte diese Situation für Analysen im oberen Luftraum über Nordwestdeutschland und den Benelux-Staaten. Jeden zweiten Tag, wenn die Wetterprognose für die Flughöhen des regulären Luftverkehrs langlebige Kondensstreifen erwarten ließ, kam ein Ausweich-Verfahren zum Einsatz.
Konkret wurden die Flüge dann um etwa 660 Meter nach oben oder unten umgeleitet. Mit Satellitenbildern überprüften die Forscher, ob sich jeweils langlebige Kondensstreifen gebildet hatten oder nicht. Die Flüge an den Tagen, an denen nicht in den Luftverkehr eingegriffen wurde, dienten als Referenz. So konnte das Forschungsteam zeigen, dass langlebige Kondensstreifen tatsächlich weniger häufig vorkamen.
Die gesamte Klimawirkung des Luftverkehrs ist deutlich größer als die seiner reinen CO2-Emissionen. Der Grund hierfür ist, dass der Luftverkehr meist in Höhen emittiert, in denen seine Emissionen anders wirken als am Boden und besonders klimawirksam sind. Zu den Nicht-CO2-Effekten des Luftverkehrs gehören insbesondere Kondensstreifen und Kondensstreifen-Zirren, also Eiswolken. Nicht-CO2-Effekte des Luftverkehrs können sowohl wärmend als auch kühlend wirken, wobei der wärmende Effekt überwiegt.
Da sie im Vergleich zu CO2 nur kurze atmosphärische Lebensdauern haben, werden die Effekte nicht gleichmäßig in der Atmosphäre verteilt. Ihre Klimawirkung hängt deshalb stark von zahlreichen Parametern ab: geographischer Ort, Flughöhe, Zeitpunkt der Emission, lokaler Sonnenstand und Wetterlage. Das eröffnet die Möglichkeit, die Klimawirkung des Luftverkehrs durch eine geeignete Wahl von Flugrouten und -höhen zu verringern. Allerdings führt die Nutzung von solchen klimaoptimierten Flugtrajektorien in der Regel zu erhöhten CO2-Emissionen. Die klimaoptimierten Flugtrajektorien müssen also so gewählt werden, dass die gesamte Klimawirkung des betreffenden Flugs verringert wird.
Deshalb gibt es eine Reihe wichtiger Voraussetzungen für eine mögliche Einführung von klimaoptimierten Flugtrajektorien. Die Klimawirkung einzelner Flüge muss so sicher von den Wetterdiensten vorhergesagt werden können, dass eine Umleitung des Luftverkehrs tatsächlich zur Verringerung der Klimawirkung führt. Die Klimawirkung der Nicht-CO2-Effekte muss in die Planung der Flugtrajektorien integriert werden. Hierfür ist ein System erforderlich, das die Klimabeiträge eines Fluges innerhalb der für die Flugplanung verfügbaren Zeit berechnet.
Bei Umleitungen von Flügen im oberen Luftraum muss sichergestellt werden, dass der genehmigte Flugverkehr weiterhin sicher, geordnet und ohne Verzögerung abgewickelt werden kann. Denn die Berücksichtigung von Klimaaspekten bei der Trajektorienwahl kann zu Kapazitätsengpässen im Luftraum führen.
Im Gegensatz zu den anderen Nicht-CO2-Effekten hat man bei langlebigen Kondensstreifen die Möglichkeit zu kontrollieren, ob mehr oder weniger Kondensstreifen gebildet werden. Dazu sind ausgefeilte statistische Verfahren erforderlich. Diese hat das Team von DLR und MUAC für den Nachweis genutzt, dass eine Vermeidung von langlebigen Kondensstreifen beim realen Flugverkehr tatsächlich funktioniert. Damit ist ein Schritt auf dem Weg zu einem klimaverträglichen Luftverkehr gelungen.
DLR / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
R. Sausen et al.: Can we successfully avoid persistent contrails by small altitude adjustments of flights in the real world?, Meteor. Zeitschr., online 18. Juli 2023; DOI: 10.1127/metz/2023/1157 - Institut für Physik der Atmosphäre, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Oberpfaffenhofen
- Maastricht Upper Area Control Centre, Eurocontrol, Maastricht, Niederlande