18.06.2021

Laserfelder offenbaren oberflächliche Magnetisierung

Neue Methode für die Analyse von Oberflächen transparenter Kristalle.

Die Oberfläche eines Materials besitzt häufig Eigen­schaften, die sich gravierend von den Eigen­schaften innerhalb des Materials unterscheiden. Beispielweise kann ein nicht-leitender Kristall, der eigentlich keine Magne­tisierung aufweist, durch die Anordnung der Oberflächenatome eine auf die Grenzfläche begrenzte Magne­tisierung besitzen. Diese abweichenden Eigen­schaften an Grenz- und Oberflächen von Materialen spielen oft eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung neuer funktionaler Bauelemente wie opto­elektronischen Chips oder Sensoren und werden daher intensiv erforscht. Einem inter­nationalen Forschungs­team der Universität Göttingen, des Max-Plank-Instituts für biophysikalische Chemie in Göttingen und des National Research Council Kanada ist es nun gelungen, Oberflächen trans­parenter Kristalle mittels starker Laser­bestrahlung zu untersuchen. 

Abb.: Quarz­kristalle unter Beleuch­tung mit starken Laser­feldern...
Abb.: Quarz­kristalle unter Beleuch­tung mit starken Laser­feldern verschiedener Licht­farben – rot, rot und blau, blau. (Bild: M. Sivis)

Die Forscher nutzten eine rein optische Methode, um elektrische und magnetische Eigen­schaften an Oberflächen zu bestimmen. Diese neue Methode könnte bei der Untersuchung trans­parenter, nicht-leitender Materialien eine wichtige Rolle spielen, da hier etablierte Verfahren mit Elektronen unter anderem aufgrund der geringen Leitfähigkeit oft experi­mentellen Einschrän­kungen unterliegen. Die Verwendung von Licht umgeht diese Einschrän­kungen: Treffen Licht­strahlen auf eine Material­oberfläche, beispiels­weise eine Glasscheibe, werden sie an der Grenzfläche reflektiert, gebrochen und im Material absorbiert.

Diese alltäglich beobacht­baren Effekte sind das Resultat der Wechsel­wirkung des schwachen Lichtfeldes mit den Atomen und Elektronen des beschienenen Materials. Bei stärkeren Lichtfeldern, die mit Lasern erzielt werden, kommt es zu weiteren Effekten, welche beispiels­weise höhere Licht­frequenzen – hohe Har­monische – erzeugen können. Diese Effekte hängen dann oft von der Schwingungsrichtung des Lichtfeldes relativ zur atomaren Anordnung in dem Material ab. „Diese Abhängig­keit nutzen wir beim Erzeugen hoher harmonischer Strahlung aus, um Einblicke in die Eigenschaften an und nahe der Oberfläche von trans­parenten Materialen zu erhalten“, sagt Doktorand Tobias Heinrich. „Das Lichtfeld, das wir dabei verwenden, ist aus zwei gegensätzlich rotierenden Laser­impulsen bei zwei unterschiedlichen Frequenzen zusammen­gesetzt, sodass in der Summe ein kleeblatt­förmiges symmetrisches Feld resultiert.“ Diese maßge­schneiderten Lichtfelder lassen sich an die Atom­anordnung des Materials anpassen, um so die Erzeugung der hohen Harmonischen zu kontrollieren.

„Wir zeigen, dass durch diese Kontrolle die Magne­tisierung an der Oberfläche von Magnesium­oxid erforscht werden kann“, sagt Murat Sivis. Dabei werde das erzeugte ultra­violette Licht in Abhängigkeit von der Rotations­richtung des Lichtfeldes unterschiedlich stark an der Grenzfläche absorbiert. „Bei diversen Materialien, die eigentlich keine Magne­tisierung oder elektrische Leit­fähigkeit ausweisen, wurden solche Oberflächen­eigenschaften theoretisch vorher­gesagt“, so Sivis. „In unserer Studie zeigen wir, dass man solche Phänomene nun mit rein optischen Methoden untersuchen kann, vermutlich sogar auf sehr kurzen Zeitskalen.“ Darüber hinaus versprechen sich die Forscher auch neue Einblicke in elek­tronische Eigen­schaften anderer chiraler Materialien, wie die Studie am Beispiel der schrauben­artigen Kristall­struktur von Quarz zeigt. Die Sensitivität auf chirale Phänomene an Oberflächen könnte generell neue Möglich­keiten bei der Erforschung neuartiger funktionaler Materialen eröffnen.

GAU / JOL

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