Laserstrahlen für die Glasbearbeitung
Speziell geformte ultrakurze Laserpulse lassen sich optimal an die jeweilige Aufgabe anpassen.
Glas mit beliebigen Konturen trennen? Ohne Staub und ohne Nacharbeit an den Kanten? Das geht sogar schnell mit speziell geformten ultrakurzen Laserpulsen: Am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik wird eine Technologie entwickelt, die mit refraktiven und diffraktiven optischen Elementen Laserstrahlen eine Form gibt, die optimal an die jeweilige Aufgabe angepasst ist. Die Anwendungen dafür gehen weit über das Glastrennen hinaus: In Zukunft werden so auch Head-up-Displays für die Automobilindustrie gefertigt.
Mit den Smartphone-Displays kam die Frage auf, wie sich runde Konturen in gehärtetem Glas schnell und einfach trennen lassen. Die Frage hat die Entwicklung von Lasersystemen für ultrakurze Pulse maßgeblich voran gebracht. Denn mit diesen Pulsen lässt sich Glas so modifizieren, dass es entlang einer beliebigen Kontur praktisch rückstandsfrei gebrochen werden kann. Die Laserpulse ritzen dabei nicht die Oberfläche an, sondern erzeugen im Volumen kleine mechanische Spannungen, die beim Vereinzeln zu einer sauberen Kante führen. Dafür wird allerdings eine spezielle Intensitätsverteilung im Laserstrahl benötigt, mit einer langen Strahltaille sowie einem möglichst steil abfallenden Intensitätsprofil.
Moderne diffraktive optische Elemente können Licht in fast beliebige Formen bringen. Mit ihrer Beugungsstruktur lässt sich der Laserstrahl präzise einstellen. So werden spezielle Strahlprofile oder komplexe Muster aus einem einzelnen Strahl erzeugt. Oder das diffraktive optische Element verteilt die Energie eines Strahls auf ein ganzes Array von gleichartigen Teilstrahlen. Komplexe Beugungsstrukturen sind hierbei ein besonderes Merkmal des diffraktiven optischen Elements. Die Entwicklung solcher Hightech-Optiken beginnt am Computer. Dort werden winzige Glasmuster berechnet, welche die gewünschte Strahlverteilung erzeugen. Mithilfe eines programmierbaren Spatial Light Modulators werden die errechneten Strukturen dann durch pixelbasierte Phasenanpassungen getestet und der erzeugte Strahl mit dem Mikroskop analysiert. Nach einigen Iterationen werden die optimalen Strukturen des diffraktiven optischen Elements lithografisch in Glas eingeschrieben. Als reine Glasoptiken können diffraktive optische Elemente auch mit über hundert Watt starken UKP-Lasern benutzt werden. Neben beugungsbasierten diffraktiven optischen Elementen werden auch refraktive optische Elemente für die Strahlformung durch Brechung im Bereich von mehreren hundert Watt eingesetzt.
Mit ihrer hohen Belastbarkeit bringen beugungsbasierte diffraktive optische Elementen und refraktive optische Elemente entscheidende Vorteile für die Produktivitätssteigerung von UKP-Lasersystemen mit. So haben Wissenschaftler am Fraunhofer-ILT Optiken entwickelt, die aus einem leistungsstarken UKP-Laserstrahl ein ganzes Array von bis zu 196 gleichartigen Strahlen formen. Aber auch bei der Bearbeitung mit einzelnen Strahlen eröffnen diese optischen Elemente viele Möglichkeiten. Speziell geformte UKP-Laserstrahlen können Oberflächen strukturieren, Spannungen in Glasvolumen einbringen oder lokal die Brechzahl ändern. Wissenschaftler des Fraunhofer-ILT erforschen gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Lasertechnik der RWTH Aachen und Partnern aus der Wirtschaft die Möglichkeiten der Strahlformung von UKP-Lasern. Im Rahmen des Forschungscampus Digital Photonic Production – einer Förderinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung – beteiligen sich seitens der Industrie unter anderem Trumpf und 4JET Technologies an diesen Aktivitäten.
Konkret arbeiten die Partner zum Beispiel an der Bearbeitung von Glas für Head-up-Displays für die Automobilbranche. Dafür erzeugen die Experten im Projekt „Femto DPP“ mikrometergroße Störstellen im Glas. Diese reflektieren LED-Licht unter einem bestimmten Winkel, genau wie es für Head-up-Displays gebraucht wird. Mit dem bei der Bearbeitung genutzten Laser lassen sich auch Sollbruchstellen erzeugen, die für ein späteres schnelles Glasschneiden kontrolliert eingebracht werden. In Zukunft soll die Bearbeitung auch an beliebig gekrümmten Glasscheiben funktionieren.
Fh.-ILT / RK