23.02.2017

Löcher in der Elektrode

Positronen als neues Werkzeug für die Forschung an Lithium­ionen-Batterien.

Akkus, deren Kathode aus einer Mischung aus Nickel, Mangan, Kobalt und Lithium besteht, gelten derzeit als die leistungs­fähig­sten. Doch auch sie haben eine begrenzte Lebens­dauer. Schon beim ersten Zyklus verlieren sie bis zu zehn Prozent ihrer Kapa­zität. Woran das liegt und was gegen den darauf­folgenden schlei­chenden Kapa­zitäts­verlust unter­nommen werden kann, hat jetzt ein Wissen­schaftler­team der TU München mit Hilfe von Posi­tronen erforscht.

Abb.: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme des unter­suchten Elek­troden­materials. (Bild: S. Seidl­mayer, TU München)

NMC-Akkus, deren Kathoden aus einer Mischung aus Nickel, Mangan, Kobalt und Lithium bestehen, haben die her­kömm­lichen Lithium-Kobalt­oxid-Akkus weit­gehend vom Markt verdrängt. Sie sind billiger und sicherer und werden deshalb unter anderem für Elektro- und Hybrid­autos einge­setzt. Doch auch bei ihnen tragen nur wenig mehr als fünfzig Prozent der Lithium-Atome zur tat­säch­lichen Kapa­zität bei. Ließen sich bei der ersten Ent­ladung der an der TU München unter­suchten Elek­troden noch 62 Prozent der Lithium-Atome aus dem Kristall­gitter heraus­lösen, so kehren beim Wieder­auf­laden nur noch 54 Prozent zurück.

Bei den darauffolgenden Zyklen ist der Verlust zwar wesentlich geringer, jedoch sinkt die Kapa­zität schlei­chend immer weiter ab. Nach einigen Tausend Zyklen ist die Rest­kapa­zität dann so gering, dass der Akku unbrauch­bar wird. Unter­suchungen anderer Forschungs­gruppen zeigten, dass beim Laden offen­bar nicht alle Lithium-Atome wieder in die passen­den Lücken im Kristall­gitter zurück­finden. Bis­herige Methoden konnten aller­dings nicht die dafür verant­wort­lichen atomaren Prozesse zeigen.

Die Lösung brachte, wie so oft, die interdisziplinäre Zusammen­arbeit: Irmgard Buch­berger, Mitar­beiterin am Lehr­stuhl für tech­nische Elektro­chemie der TU München, wandte sich an Stefan Seidl­mayer, der am Heinz-Maier-Leibnitz-Zentrum an der Forschungs-Neutronen­quelle FRM II ebenfalls Akku­techno­logien erforscht. Er wiederum vermit­telte den Kontakt zu Christoph Hugen­schmidt, der am MLZ das Instru­ment NEPOMUC betreut. Es erzeugt Posi­tronen, mit denen sich gezielt nach Löchern in Kristall­gittern fahnden lässt.

„Als extrem kleine und hoch bewegliche Teilchen können Positronen durch Materi­alien hindurch fliegen. Treffen sie auf ein Elektron, so enden sie auf der Stelle in einem Energie­blitz, finden sie eine leere Stelle im Kristall­gitter, über­leben sie deut­lich länger“, erläutert Markus Reiner, der die Versuche am Instru­ment NEPOMUC durch­führte. Da die Posi­tronen für kurze Zeit in den leeren Gitter­plätzen gefangen sind bevor sie schließ­lich doch zer­strahlen, lassen sich mit der Posi­tronen-Anni­hila­tions­spektro­skopie genaue Rück­schlüsse auf die lokale Umge­bung ziehen – und dies mit einer sehr hohen Empfind­lich­keit, denn es lassen sich Fehl­stellen­konzen­tra­tionen von bis zu 1:10 Milli­onen detek­tieren.

Die Studie zeigt eindeutig, dass beim Wiederaufladen verblei­bende Löcher im Gitter des Katho­den­mate­rials mit dem irrever­siblen Kapa­zitäts­verlust einher­gehen und diese Blockade auf die mangel­hafte Befül­lung der Löcher im Kathoden­material zurück­zu­führen ist. „Nun sind wir als Chemiker wieder an der Reihe“, sagt Hubert Gasteiger, Inhaber des Lehr­stuhls für tech­nische Elektro­chemie. „Mit gezielter Modifi­kation des Kathoden­materials können wir nun nach Möglich­keiten suchen, diese Barriere zu umgehen.“

TUM / RK

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