22.10.2003

Magnetisch speichern und rechnen

Physik Journal - Berliner Wissenschaftler wollen mit hauchdünnen Magnetschichten aus beispielsweise Kobalteisen-Legierungen nicht nur speichern, sondern auch rechnen.



Elektronische Arbeitsspeicher sind zwar schnell, aber flüchtig. Ohne permanente Stromzufuhr verharren dagegen MRAM-Module (Magnetic Random Access Memory) in ihrer jeweils letzten magnetischen Ausrichtung und halten so den entsprechenden Datensatz fest. Bereits für 2005 rechnen IBM und Infineon mit ersten, kommerziellen MRAM-Chips. Dieser Optimismus basiert auf ihrem jüngst gemeinsam entwickelten Prototyp einer nur 1,4 µm 2 kleinen MRAM-Speicherzelle, hergestellt in einem 0,18-µm-Prozess. Damit wird sich nicht nur das „Hochfahren“ eines PC erübrigen, sondern Kleingeräte wie Handy und PDA können auch unabhängig von einem Flash-Speicher wichtige Datensätze selbst mit leerem Akku speichern.

Ein Prototyp eines Magnetprozessors. (Quelle: IBM)

Wissenschaftler vom Paul-Drude-Institut (PDI) in Berlin denken indes schon einen Schritt weiter. Mit den hauchdünnen Magnetschichten aus beispielsweise Kobalteisen-Legierungen wollen sie nicht nur speichern, sondern auch rechnen. Aufbauend auf das mit Gigahertz-Raten regelbare magnetoresistive Verhalten entwarfen sie ein Konzept für magnetische Schaltelemente. Entsprechend ihrer – noch rein theoretischen Bauanleitung – bräuchten Magnet-Prozessoren nur rund ein Viertel an Schaltmodulen im Vergleich zu Chips mit Silizium-Transistoren.

Diese Reduzierung beruht darauf, dass in einem System aus zwei magnetisierbaren Schichten, die durch eine isolierende Lage voneinander getrennt sind, vier verschiedene Grundzustände existieren. Bei zwei Ausrichtungen des magnetischen Momentes pro Schicht ergeben sich zwei parallele (links/links, rechts/rechts) und zwei entgegen gesetzte Kombinationen (rechts/links, links/rechts). Für die logischen Verknüpfungen „AND, OR, NAND, NOR“, auf denen im Prinzip alle Rechen­operationen in einem Prozessor aufbauen, reicht daher lediglich ein Magnet-Modul. Mit Siliziumtransistoren, die selbst nur zwischen „0“ und „1“, also Strom „ein“ und „aus“ unterscheiden können, sind bis zu vier Module für solche komplexeren logischen Verknüpfungen nötig.

Ein weiterer Vorteil der Magnetprozessoren, die nach Meinung von PDI-Entwickler Reinhold Koch in fünf bis zehn Jahren entstehen könnten, liegt in ihrer Flexibilität. Silizium-Chips müssen je nach Anwendung in Soundkarte, einem Fließkomma-Prozessor oder einer Grafik-Karte in einer eigens optimierten Schaltarchitektur hardwareseitig festgelegt werden. Dagegen könnte nur ein Typ eines Magnet-Prozessors über eine Software auf seine jeweilige Aufgabe angepasst werden. Aufbauend auf der vorhandenen MRAM-Technologie wollen nun Koch und Kollegen gemeinsam mit IBM, Motorola und Infineon ihre Ideen zum Magnet-Prozessor experimentell umsetzen.

Jan Oliver Löfken

Quelle: Physik Journal, November 2003, S. 17

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