Magnetisches Origami
Neue Methode zur Herstellung hochpotenter dreidimensionaler Mikroelektronik.
Die Entwicklung dreidimensionaler Mikroelektronik mit exzellenter Leistungsfähigkeit stellt Forscher vor enorme Herausforderungen. Nach neuen Verfahren wird händeringend gesucht. Ein solches Verfahren ist zum Beispiel das selbstorganisierte Falten von mikroelektronischen Nanomembranen, das aber starken statistischen Schwankungen unterliegt. Darunter leidet die Ausbeute und Zuverlässigkeit mikroskopischer Origami-Strukturen, die den hohen Ansprüchen der Mikroelektronik nicht genügen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich noch kein industriell einsetzbares Verfahren etabliert hat, das eine zuverlässige und kostengünstige Produktion von selbstorganisierten dreidimensionalen Bauelementen ermöglicht.
Wissenschaftler um Oliver Schmidt vom Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden stellen jetzt eine neue Möglichkeit vor, Nanomembranen zu dreidimensionalen mikroelektronischen Bauelementen zu falten. „Mit dieser Methode haben wir ein großes Problem der 3D-Herstellung von Architekturen aus mikroelektronischen Nanomembranen gelöst. Die Herstellung kann durch die magnetische Origami-Methode nun zuverlässig durchgeführt werden und hochleistungsfähige mikroelektronische Bauelemente erzeugen. Eine besondere Herausforderung bleibt die Hochskalierung der Technologie für eine Massenfertigung“, sagt Schmidt.
In dem Verfahren nutzen die Forscher die denkbar einfachste Möglichkeit des Faltens, nämlich das bekannte und seit vielen Jahren etablierte Aufwickeln der Nanomembranen. Zentraler neuer Bestandteil ist die Entwicklung einer Art magnetischer Fernsteuerung, mit der sich der Falt- oder Aufwickelprozess durch ein von außen angelegtes Magnetfeld programmieren und gezielt steuern lässt. Zum ersten Mal ist es gelungen, die dreidimensionale Anordnung von Nanomembranen reproduzierbar und kontrolliert über große Längenskalen im Bereich von Zentimetern zu realisieren und dabei eine Ausbeute von mehr als neunzig Prozent zu erreichen.
Mit dieser neuen Methode von magnetischen Origami-Strukturen haben die Forscher dreidimensionale Mikro-Energiespeicherelemente hergestellt, die exzellente Kenndaten aufweisen und extrem leicht und kompakt sind. Die Ergebnisse zeigen eindrucksvoll das Potenzial der magnetfeldunterstützten Faltung von Nanomembranen. Die Vorteile des magnetischen Mikro-Origami kommen ganz besonders zum Tragen, wenn gut ausgerichtete dreidimensionale Strukturen mit vielen Wicklungen von Nanomembranen erforderlich sind. Dies ist zum Beispiel bei neuartigen Mikrobatterien oder passiven elektronischen Bauelementen wie Kondensatoren, Induktoren und Transformatoren der Fall.
Die etablierte Mikroelektronik beruht auf Komponenten, die in zwei Dimensionen definiert und Schicht für Schicht aufgebaut werden. Für viele mikroelektronische Bauelemente wie Mikrobatterien, Spulen und Transformatoren stellt dieses Verfahren aber keine optimale Lösung dar. Vor allem deshalb, weil die Herstellung der Bauteile zu aufwändig ist oder die Leistungsspezifikationen nicht erreicht werden können. Daher wird nach komplett neuen Ansätzen gesucht, die dritte Dimension zu erobern.
Ein solcher Ansatz stellt das selbstorganisierte Falten von mikroelektronischen Schichtsystemen dar. Die Schichtsysteme werden zunächst mit etablierten Techniken in zwei Dimensionen definiert und transformieren sich anschließend von selbst zu dreidimensionalen Origami-Architekturen. Diese Selbstorganisation wird zum Beispiel durch den gezielten Abbau von Verspannung in den Schichtsystemen ausgelöst. Das heißt, die Strukturen schnappen wie eine aufgespannte Feder automatisch zusammen, wenn man Sie aus der Verankerung löst.
IFW / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
F. Gabler et al.: Magnetic origami creates high performance micro devices, Nat. Commun. 10, 3013 (2019); DOI: 10.1038/s41467-019-10947-x - Institut für integrative Nanowissenschaften (O. G. Schmidt), Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden