Mainz, wie es sucht und forscht
Theorie-Workshop über niederenergetische Präzisionsexperimente soll Suche nach Teilchen und Kräften koordinieren.
Zu einem dreiwöchigen Treffen kommen theoretische Physiker ab Montag an die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), um über die Suche nach neuen, bislang noch unbekannten Teilchen mit Hilfe von Präzisionsexperimenten bei niedrigen Energien zu diskutieren. Die Veranstaltung mit der Bezeichnung „Scientific Program“ ist keine Konferenz im klassischen Sinne, sondern für die deutsche Forschungslandschaft eine Innovation: Es gibt täglich nur zwei Vorträge zu hören, damit sehr viel Freiraum für Diskussionen bleibt – der Schwerpunkt des Treffens. Die dreißig Physikerinnen und Physiker, die an dem Programm teilnehmen, folgen einer Einladung des Mainz Institute for Theoretical Physics (MITP), das im Rahmen des Exzellenzclusters PRISMA eingerichtet wurde. Mit dem „Workshop on low-energy precision physics” organisiert das Mainzer Theoriezentrum die erste derartige Veranstaltung, weitere fünf Termine sind für das kommende Jahr geplant.
Abb.: Logo des Mainzer Instituts für Theoretische Physik (Bild: U. Mainz)
Während die öffentliche Aufmerksamkeit in jüngster Zeit besonders den Hochenergie-Experimenten am Large Hadron Collider (LHC) des CERN gegolten hat, wo 2012 die sensationelle Entdeckung des Higgs-Teilchens gelang, konzentriert sich die MITP-Veranstaltung auf Teilchenkollisionen, die bei niedrigeren Energien erfolgen, aber hochpräzise Messungen erlauben. „Wir können solche Präzisionsexperimente mit unseren theoretischen Vorhersagen vergleichen und aus kleinen Abweichungen eventuell einen Hinweis auf die Existenz bisher unbekannter Teilchen oder neuartiger Wechselwirkungen erhalten“, erklärt Hubert Spiesberger vom Mainzer Institut für Physik, der die Veranstaltung mit organisiert. In Mainz stehen für solche hochpräzisen Messungen zwei Anlagen zur Verfügung: Das Mainzer Mikrotron MAMI, ein Teilchenbeschleuniger für Elektronenstrahlen, der künftig um den neuen Beschleuniger MESA erweitert werden soll, sowie der Mainzer Forschungsreaktor TRIGA, wo mit ultrakalten Neutronen gearbeitet wird. Das Prinzip von MESA öffnet die Tür für innovative Niederenergie-Präzisionsexperimente, die bisher weltweit unzugänglich waren.
Die Forscherrunde wird sich in Mainz insbesondere damit befassen, welche theoretischen Instrumente zur Verfügung stehen oder entwickelt werden müssen, um derartige Hochpräzisionsexperimente zu analysieren.
Das MITP ist Anfang 2013 im Rahmen des Exzellenzclusters PRISMA („Precision Physics, Fundamental Interactions and Structure of Matter“) eingerichtet worden. Rund 250 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten in dem neuen Forschungsverbund, der über fünf Jahre mit rund 35 Millionen Euro gefördert wird. Das MITP ist eine der Hauptinitiativen des Clusters und soll langfristig die Rolle eines internationalen Theoriezentrums übernehmen.
U. Mainz / DE