08.08.2023

Maschinelles Lernen liefert Teilchenstrahlen nach Maß

Optimierte Steuerung der Strahlparameter kompakter Plasmabeschleuniger.

Per maschinellem Lernen hat ein Forschungsteam einem kompakten Teilchen­beschleuniger beigebracht, maßge­schneiderte Strahlen für verschiedene Anwendungen zu liefern. Die Technik erweitert den denkbaren Einsatzbereich von Laser-Plasma­beschleunigern, kompakte Beschleuniger der nächsten Generation, die sich noch in der Entwicklung befinden. 

Maschinelles Lernen liefert Teilchenstrahlen nach Maß

Teilchenbeschleuniger haben zahlreiche Anwendungs­möglichkeiten, von der Forschung über die Medizin bis hin zur Untersuchung von Frachtgut durch den Zoll. „Diese verschiedenen Verwendungs­zwecke stellen unterschiedliche Anfor­derungen an den erzeugten Teilchenstrahl“, sagt Andreas Maier, Leitender Wissenschaftler für die Laser-Plasma­beschleunigung bei Desy. „Für eine medizinische Behandlung kann etwa ein Strahl mit einer bestimmten Energie erforderlich sein, während manche Physik­experiment einen Strahl mit bestimmter elektrischer Ladung benötigen.“ Bei großen konventionellen Maschinen lassen sich diese Eigenschaften leichter einstellen, weil sie nicht so empfindlich auf Änderungen der Betriebs­parameter reagieren.

Plasmabeschleuniger können jedoch rund tausendmal kleiner sein als konven­tionelle Anlagen. Was bei Bau, Betrieb und Anwendung einen großen Vorteil verspricht, ist bei der Steuerung der Strahl­parameter eine Heraus­forderung. „Da die Beschleunigung auf sehr kleinem Raum stattfindet, beeinflussen sich die verschiedenen Einstell­möglichkeiten gegenseitig“, erläutert Maier. „Ändern wir also eine Eigenschaft des beschleunigten Elektronen­pakets, etwa die Anzahl der Elektronen, kann dies leicht eine andere Eigenschaft beeinträchtigen wie beispielsweise die Verteilung der Energien der Elektronen.“ Um das zu verhindern, müssen die Beschleuniger­physikerinnen und -physiker im Prinzip behutsam an allen Einstell­möglichkeiten gleichzeitig drehen, um die verschiedenen Eigenschaften des Elektronen­pakets auszubalancieren. Allerdings ist es für Menschen sehr schwierig, den richtigen Kompromiss zwischen den vielen unterschiedlichen Einstell­parametern zu finden. Im vorliegenden Fall waren es sechs verschiedene Parameter.

„Computer sind viel geschickter darin sich in diesen hoch­dimensionalen Parameter­räumen zurecht­zufinden“, sagt Sören Jalas. „Für unseren Beschleuniger haben wir uns einer Methode bedient, die Bayessche Optimierung genannt wird. Dabei übernimmt im Grunde der Computer die Kontrolle über den Beschleuniger. Er probiert einige Konfi­gurationen der Maschine aus und misst die Parameter des Elektronen­pakets, das der Beschleuniger ausspuckt. Aus den Messungen generiert der Computer nach und nach eine Art Landkarte und findet somit die Parameter­kurven die uns zeigen, was wir einstellen müssen, um auf optimale Weise die Eigenschaften des Elektronen­pakets zu bekommen, die wir gerade benötigen.“

Bei ihrem experimentellen Plasma­beschleuniger LUX haben die Forschenden dies zunächst für die Energie und die elektrische Ladung der Teilchenpakete eingesetzt. „Es ist aber denkbar, das auf andere Strahleigenschaften wie etwa die Emittanz auszudehen“, betont Jalas. Das Verfahren soll auch beim großen Plasma­beschleuniger Kaldera zum Einsatz kommen, der derzeit bei Desy aufgebaut wird. „Dieser Einsatz des maschinellen Lernens rückt die Anwendung von Plasma­beschleunigern in greifbare Nähe und erweitert gleichzeitig die Einsatz­möglichkeiten der kompakten Anlagen“, betont Beschleuniger­direktor Wim Leemans.

DESY / JOL

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