23.07.2020 • AstronomieAstrophysik

Massereiche Sternembryos wachsen in Schüben

Spiralstruktur in der Scheibe um einen jungen massereichen Stern spricht für paketweisen Zustrom von Gas.

Die Versorgung von massereichen Sternembryos mit Materie aus ihrer umgebenden Scheibe aus Gas und Staub ist bislang ein Rätsel. Ein inter­nationales Forschungs­team hat jetzt eine Spiral­struktur in einer derartigen Scheibe entdeckt, in deren Zentrum ein wachsender Stern von etwa 12 Sonnen­massen eine dramatische Helligkeits­zunahme erfahren hat. Diese Spirale bestätigt die Vermutung, dass solche Scheiben zeitweilig instabil werden und deswegen teilweise in kompakte Pakete zerfallen. Diese füttern den jungen Stern gewissermaßen häppchen­weise, was sich in Episoden von stark ansteigender Leuchtkraft bemerkbar macht.

Abb.: Künstlerische Darstellung der unmittel­baren Umgebung des...
Abb.: Künstlerische Darstellung der unmittel­baren Umgebung des masse­reichen Protosterns G358-MM1. (Bild: X. Chen, Guangzhou U. / Z.-Y. Ren, Chinese Academy of Science)

Als Teil der weltweit kooperierenden Maser Monitoring Organization entdeckten die Forscher in der Umgebung des 22.000 Lichtjahre entfernten masse­reichen Protosterns G358-MM1 eine Spiral­struktur, die Teil einer Scheibe aus Gas und Staub ist, die den Protostern umgibt. Wissen­schaftler sagen ein solches Phänomen theoretisch für massereiche Scheiben vorher, die sich bevorzugt bei der Entstehung von massereichen Sternen bilden. Dabei fällt ständig neues Material aus einer weiter außen liegenden Hülle aus Gas und Staub auf die Scheibe und lässt sie weiter wachsen. Derzeit hat sie bei G358-MM1 einen Durch­messer von 1340 Astro­no­mischen Einheiten.

Die Gravitationswirkung des zentralen Sterns beeinflusst die masse­reichen Scheiben nur zum Teil. Statt­dessen wirkt die Gravitation der Scheibe selbst maßgeblich auf ihre Stabilität ein, so dass die Materie auf Bahnen geleitet wird, die zur Ausprägung einer Spirale führen. Eine weitere Konsequenz der Instabilität ist, dass die Scheibe zum Teil in dichte, kompakte Pakete aus Gas und Staub zerfällt. Diese über­stehen den Sturz auf den leucht­starken masse­reichen Protostern trotz des immensen Strahlungs­drucks und führen so zu einem schub­weisen Wachstum. Diese Akkretion lässt die Leuchtkraft des Proto­sterns vorüber­gehend stark ansteigen.

Wegen der dichten Scheibe ist die Zunahme der Helligkeit jedoch nur schwer zu beobachten. Der Nachweis erfolgte bei G358-MM1 einerseits durch die Messung von Fern-Infrarot­strahlung, die durch das Aufheizen der Scheibe frei­ge­setzt wird. Ein technisch einfacherer Nachweis ist die Detektion von Maser­strahlung. Maser kommen in masse­reichen Stern­entstehungs­gebieten als natürliche, sehr helle und kompakte Strahlungs­quellen vor. In einer früheren Studie hatten Astronomen das vorüber­gehende Aufflammen von Maser­emission in G358-MM1 als Hinweis auf eine Hitzewelle identi­fi­ziert, die durch die Scheibe lief.

In der aktuellen Studie verriet sich die Spiral­struktur ebenfalls durch Maser­signale, die auch hier durch einen zeit­weiligen starken Anstieg der Strahlungsleistung verursacht wurde, hervorgerufen von einem neuer­lichen Akkretions­schub. Die Wissen­schaftler modellierten aus den Positionen und Geschwindig­keits­informationen der detek­tierten Maser nicht nur die Form der zugrunde­liegenden Konfiguration, sondern folgerten, dass Materie entlang der Spiralarme von den äußeren Bereichen der Scheibe nach Innen strömt und von dort allmählich den Protostern füttert.

„G358-MM1 ist damit das erste Exemplar eines masse­reichen Protosterns, dessen kurzzeitiger Helligkeits­anstieg eindeutig mit der Ausprägung einer Spirale zusammenfällt, einer Struktur, die für eine instabile, massereiche Scheibe spricht“, erläutert Xi Chen von der Guangzhou University in China. In Verbindung mit theoretischen Modellen kann somit erstmals ein direkter Zusammen­hang zwischen der Variation der Leuchtkraft und der Akkretion von einzelnen Materie­paketen aus einer instabilen, massereichen Scheibe hergestellt werden. „Dieses Resultat legt nahe, dass die durch Scheiben vermittelte Akkretion daher als ein üblicher Mechanismus der Sternentstehung von massearmen bis massereichen Sternen angesehen werden könnte“, so Chen.

Eine weitere Überraschung war die Art der Maser. Bislang fand man in den Scheiben mit Akkretions­tätigkeit hauptsächlich Maser­strahlung des Methanol­moleküls, das durch die erhöhte Infrarot­strahlung angeregt wird. Die Maser in der Spirale waren jedoch etwas völlig Neues. Einerseits beruhte diese Strahlung auf einer besonderen Form des Methanols, bei dem ein gewöhnliches Kohlen­stoff­atom durch ein schwereres Kohlenstoff-Isotop ausgetauscht ist, das ein Neutron mehr als üblich aufweist. Anderer­seits fanden die Wissen­schaftler dort Maser­aktivität von schwerem Wasser. „Die genauen Ursachen für die Anregung gerade dieser Moleküle wollen die Astronomen noch ermitteln“, erklärt Hendrik Linz vom MPI für Astronomie, der an der Studie beteiligt war. „Allerdings zeigt dies, dass die Bedingungen in diesen Spiralarmen und damit in den massereichen Scheiben außer­ge­wöhnlich sein müssen.“

MPIA / RK

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