17.11.2022 • Energie

Mehr Vielfalt für modulare Solarfassaden

Neuer Ansatz für die Integration von Photovoltaik in Sichtbetonfassaden.

Sonnen­energie an Häuserwänden nutzen – das ist ein Ziel des Archi­tektur-Instituts Leipzig an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK). Nun präsentierten das Team um Frank Hülsmeier, Stefan Huth und Adrian Heller die in Forschungs­projekten entwickelten Solar­fassaden Solar.shell und Solar.con auf dem Smart City Expo World Congress in Barcelona. 

Abb.: Aus solchen Betonwaben mit integrierten Solarmodulen können ganze...
Abb.: Aus solchen Betonwaben mit integrierten Solarmodulen können ganze Solar­fassaden zusammen­gesetzt werden. (Bild: S. Huth, HTWK)

Gebäude­integrierte Photovoltaik birgt großes Potenzial für die Energiewende: 6.000 Quadrat­kilometer Gebäudedächer und doppelt so viel Fassadenfläche ließen sich theoretisch in Deutschland für Photovoltaik nutzen. Doch Fassaden sollten nicht nur funktionell, sondern auch abwechslungsreich gestaltet sein, findet Hülsmeier: „Um die Energiewende zu schaffen, müssen wir Architektinnen und Architekten mitnehmen. Allein flächig mit schwarzen Solar­panels behängte Wände wären keine Lösung für einen vielfältigen öffentlichen Raum.“ 

Ein Ansatz ist die Integration von Photovoltaik in Sichtbeton­fassaden. Damit Beton­hersteller derartige Fassaden wirtschaftlich umsetzen können, müssen sie in Serie produzierbar sein. Die Grundidee: Die Photovoltaikmodule sollen sich optimal zur Sonne ausrichten, der Beton passt sich als Designelement gestalterisch dieser Maßgabe an, sodass sich eine glatte Wand in eine drei­dimensionale Struktur verwandelt. Bei Solar.con entstand ein sechseckiges Beton-Modul, in dessen Zentrum das Solarmodul eingelassen ist. Der Vorteil einer solchen gleich­seitigen Wabenform besteht darin, dass mit einem Standardelement neben Süd- auch Ost- und Westfassaden umgesetzt werden können: Indem die Solar-Beton-Elemente sechzig Grad nach links oder rechts gedreht werden, verändert sich die Orientierung des Solarmoduls. 

„Sogar innerhalb einer Solar.con-Fassade können unterschiedliche Modulausrichtungen realisiert werden. So können wir die Strom­erzeugung auf die Morgen- und Abendstunden ausdehnen und Ertragsspitzen um die Mittagszeit vermeiden“, erklärt Stefan Huth. Ist ein Solarmodul defekt oder erbringt es im Laufe seines Lebens weniger Leistung, kann es ausgetauscht werden. Derzeit wird die erste Solar.con-Fassade beim Projekt­partner Hering Bau in Burbach in Westfalen errichtet. Die Forschung wird durch das Bundeswirtschaftsministerium gefördert, Projektpartner sind die Sunovation Produktion GmbH, das Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik sowie das Institut für Baustoffe der Technischen Universität Dresden.

Ein weiterer Vorschlag zur Integration ertrags­optimiert ausgerichteter Solarmodule ist die vorgehängte Fassade von Solar.shell aus Aluminium-Verbund­elementen, an der Hülsmeier, Huth und Heller seit 2015 arbeiten. Wie eine Solar.shell-Fassade im Detail aussieht, berechnet ein Algorithmus. Darin fließen Informationen wie Gesamtfläche, erwünschter Stromertrag, Standort, Himmelsrichtung und die Eigenschaften der verwendeten Materialien ein. Ein Computer­programm berechnet dann, wie groß die Einzelelemente sein müssen, um den Platz optimal auszunutzen. Diesen Vorschlag können Architekten mit ihren Gestaltungs­ideen erweitern. Gegenüber flächig installierten Modulen kann eine derart ausge­richtete Fassade deutlich mehr Energie pro Quadratmeter Photovoltaik-Fläche erzielen: im Mittel sind es 33 Prozent mehr, im urbanen Umfeld mit höherer Verschattung sogar bis zu 55 Prozent. In Bad Rappenau im Landkreis Heilbronn wurde 2021 das erste Gebäude mit einer Solar.shell-Fassade fertiggestellt. 

HTWK / JOL

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