19.08.2020

Mehr Watt pro Gramm

Perowskit- und organische Solarzellen beweisen sich in Weltraumtests.

Nahezu alle Satelliten beziehen ihren Strom aus Solarzellen. Doch die sind schwer. Herkömmliche Hoch­leistungs­zellen liefern bis zu drei Watt pro Gramm. Perowskit- und organische Hybridzellen könnten bis zum Zehnfachen liefern. Erstmals hat nun ein Forschungs­team der Technischen Universität München (TUM) und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) solche Zellen im Weltraum getestet. Perowskit- und organische Solarzellen sind viel­versprechende Kandidaten für zukünftige Generationen von Solarzellen. In den letzten Jahren haben ihre Wirkungs­grade rasch zu den konventionellen Solarzellen auf Silizium­basis aufgeschlossen.
 

Abb.: Nahauf­nahme des Nutzlast­moduls „Organic and Hybrid Solar Cells In...
Abb.: Nahauf­nahme des Nutzlast­moduls „Organic and Hybrid Solar Cells In Space” (OHSCIS; Bild: B. Predeschly / TUM)

„Die besten Perowskit-Solarzellen erreichen derzeit Wirkungsgrade von 25 Prozent“, sagt Peter Müller-Buschbaum, Professor für funktionelle Materialien im Physik-Department der TUM. „Solche weniger als einen Mikrometer dünnen Solarzellen, aufgebracht auf ultradünnen, flexiblen Kunst­stoff­folien, sind extrem leicht. Daher können diese Zellen eine Energie­ausbeute von knapp 30 Watt pro Gramm erreichen.“

Dies wird erst durch einen entscheidenden Vorteil der neuen Solarzellen möglich: Während die Herstellung von Silizium-Solarzellen sehr hohe Temperaturen und viele Prozess­schritte erfordert, lassen sich Perowskit-Zellen und organische Halbleiter bei Raum­temperatur und aus einer Lösung heraus herstellen. „Diese organischen Lösungen kann man sehr einfach verarbeiten“, sagt Lennart Reb. „So erschließen die Technologien neue Anwendungs­felder, in denen herkömmliche Solarzellen einfach zu unhandlich oder zu schwer waren – und das reicht weit über die Raumfahrt­technik hinaus.“

Auf einem Forschungsflug im Rahmen der Kampagne Mapheus 8 auf der European Space and Sounding Rocket Range im schwedischen Kiruna wurden je zwei verschiedene Typen von organischen und Perowskit-Solarzellen erstmals unter Weltraum­bedingungen getestet. Die Rakete erreichte dabei eine Höhe von knapp 240 Kilometern.

„Mit unserem Mapheus-Programm haben wir die Möglichkeit, sehr zügig Experimente in die Schwere­losigkeit zu bringen und so zu viel­versprechenden Forschungs­ergebnissen zu kommen“, sagt Andreas Meyer, Koautor und Direktor des DLR-Instituts für Materialphysik im Weltraum. „Dieses Mal ging es besonders schnell: Von der ersten Idee bis zum Flug der Solarzellen während der Mapheus-8-Kampagne verstrich weniger als ein Jahr.“

„Die elektrischen Messungen während des Fluges und die materialwissenschaftliche Auswertung nach Bergung der Rakete haben gezeigt, dass Perowskit- und organische Solarzellen ihr Potenzial hinsichtlich ihrer erwarteten Leistung in Umlauf­bahnhöhe erreichen können“, sagt Müller-Buschbaum. „Daher haben die Messungen einen hohen wissenschaftlichen Wert.“

Auch unter diffusem Lichteinfall erzeugten die Solarzellen elektrische Energie. „Sonnen­abgewandte Zellen die während des Fluges nur spärliche Beleuchtung ausschließlich von der Erde erhielten, lieferten dennoch Strom“, sagt Reb. Aufgrund ihrer sehr viel geringeren Schichtdicke könnten die neuen Solarzellen daher auch bei schwachen Licht­verhältnissen eingesetzt werden, beispielsweise für Missionen ins äußere Sonnensystem, wo die Sonne für herkömmliche Weltraum­solarzellen zu schwach wird.

„Es wäre nicht das erste Mal“, so DLR-Material­wissenschaftler Andreas Meyer, „dass Innovationen sich zuerst als Weltraum­technologien etablieren, bevor sie dann weltweit in anderen Bereichen angewendet werden. Ein Grund dafür sind sicherlich die sehr hohen Anforderungen, die der Weltraum an alle technischen Komponenten stellt.“

TUM / DE
 

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