08.07.2004

Mikro-Wassermühlen organisieren sich selbst

Kleine Rotoren an der Grenzfläche von Flüssigkeit und Luft lassen sich zu selbstorganisierten Maschinchen machen.


Mikro-Wassermühlen organisieren sich selbst

Kleine Rotoren an der Grenzfläche von Flüssigkeit und Luft lassen sich zu selbstorganisierten Maschinchen machen. Dies demonstrierte eine Forschergruppe um Bartosz Grzybowski von der Northwestern Universität in den USA, indem sie die etwa einen Millimeter großen Rotoren magnetisch antrieben und deren hydrodynamische Wechselwirkung ausnutzten.

Die Rotoren bestehen aus Kunststoff mit zwei frei gegeneinander beweglichen Komponenten: Im Inneren befindet sich ein magnetisierter Kern, um den herum ein unmagnetischer Ring mit außen liegenden Zähnchen angebracht ist. Mehrere dieser Rotoren setzen die Forscher auf die Oberfläche einer Lösung aus Wasser und Methanol, wo sie durch die Oberflächenspannung in der Schwebe gehalten werden und ihre Bewegungsrichtung auf die Oberfläche beschränkt ist.

Diese zweidimensionale Bewegung entlang der Oberfläche regulierten und steuerten die Wissenschaftler durch zwei sich überlagernde Magnetfelder. Zum einen verwendeten sie einen unterhalb der Grenzfläche mit typischerweise 700 Umdrehungen pro Minute rotierenden Permanentmagneten, zum anderen rasterartig angeordnete, einzeln ansteuerbare Elektromagneten. Das rotierende Feld des Permanentmagneten versetzt alle magnetischen Kerne der Rotoren in eine Rotation mit derselben Kreisfrequenz. Da die Ausdehnung des anregenden Permanentmagneten vergleichsweise groß ist, sorgt er außerdem für eine axialsymmetrische Feldverteilung mit einem Feldminimum in der Achse. Dadurch entsteht eine Art von Potentialtopf für die magnetischen Rotoren.

Der Ansammlung der Rotoren um diese Achse wirkt jedoch eine hydrodynamische Abstoßung der einzelnen Rotoren entgegen, so dass es zu keiner Anhäufung in Achsnähe kommt. Diese hydrodynamische Abstoßung beruht auf der vom Permanentmagneten verursachten Eigenrotation der magnetischen Kerne, die sich über die Viskosität der Flüssigkeit mit verminderter Frequenz auf den jeweils äußeren Ring überträgt. Um jeden Rotor herum bildet sich damit ein Flüssigkeitswirbel aus. Indem sich zwei nahe beieinander liegende Rotorchen gegenseitig abstoßen, verhindern sie eine extreme Scherung der dazwischen liegenden Flüssigkeit.

Sich selbst überlassen, sorgt die Konkurrenz von hydrodynamischer Abstoßung und magnetisch erzeugtem Streben zur Achse hin für die Ausbildung einer regelmäßigen Anordnung der Rotoren. Stabilität und Gestalt dieses selbstorganisierten Musters hängen wesentlich von der anregenden Kreisfrequenz und der Geometrie der Rotoren ab.

Die Forscher wählten die beschriebene zweikomponentige Konfiguration und die Kreisfrequenz derart, dass einerseits das selbstorganisierte Muster stabil ist, andererseits auch eine gezielte Verschiebung der Rotoren möglich ist. Letzteres bewerkstelligten sie mittels der einzelnen Elektromagneten, da das Anschalten des entsprechenden Erregerstromes den nächst gelegene Rotor in die Position oberhalb des Einzelmagnetes zieht. Durch synchrones oder sequentielles Aktivieren der verschiedenen Einzelmagnete konnten die Forscher gezielte Bewegungen der Rotoren steuern.

Auf diese Weise ließ sich demonstrieren, wie weitere, unmagnetische Scheibchen in Rotation um eine wählbare Achse versetzt werden können. Außerdem gelang die Realisierung eines Sortierers, der in einem Flüssigkeitsstrom Scheibchen in zwei verschiedene Seitenkanäle lenkt, sowie eines Karussell-Systems, in dem die Bewegung eines mit winzigen Flüssigkeitsmengen in seinem Innern gefüllten Ringes manipuliert wird. Die freie Konfigurierbarkeit der Rotorposition bietet eine große Flexibilität der entlang der Grenzfläche durchführbaren Prozessschritte, was interessante Anwendungen im Bereich der Mikro-Verfahrenstechnik verspricht.

Volker Drach, Würzburg

Quelle: Physik in unserer Zeit 4 / 2004

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