Mit Goldpartikeln Energie in DNA-Architekturen übertragen
Nanokügelchen koppeln Plasmonen chiraler Strukturen.
Seit 2006 arbeiten Labors weltweit mit dem DNA-Origami, um Nanostrukturen aus einzelnen DNA-Sequenzen künstlich aufzubauen und zu komplexen Objekten zu falten. Dabei verwenden Wissenschaftler einen Strang viraler DNA als Gerüst, dessen Basen-Abfolge bekannt ist. „Mit passenden kurzen Sequenzen klammern wir dann wie beim Papier-Falten bestimmte Bereiche des großen DNA-Moleküls zusammen“, erklärt Physiker Tim Liedl Uni München. Per DNA-Origami stellt der Wissenschaftler auch chirale Strukturen her, also Moleküle, die in zwei verschiedenen, zueinander spiegelbildlichen Strukturen vorkommen. Bild und Spiegelbild haben unterschiedliche physikalische Eigenschaften, beispielsweise absorbieren sie polarisiertes Licht verschieden stark. Das wird etwa bei der CD-Spektroskopie genutzt, einer Methode zur Aufklärung der räumlichen Anordnung einzelner chemischer Verbindungen oder ganzer Proteine.
Um chirale metallische Strukturen herzustellen, synthetisierte Liedl jetzt komplexe DNA-Origami-Architekturen, an die sich runde und stäbchenförmige Goldnanopartikel an ausgewählten Positionen und mit definierter räumlicher Orientierung anbinden lassen. „Man kann ein chirales Objekt nur aufgrund der Anordnung der Goldpartikel machen“, sagt der Forscher.
Gold ist nicht nur chemisch widerstandsfähig, sondern zeigt als Metall Plasmon-Resonanzen, ein Phänomen der Licht-Materie-Wechselwirkung, bei dem freie Elektronen im Metall Wellen ausführen. „Solche Schwingungen kann man sich vorstellen wie Wasser in einer Flasche, das man entlang oder senkrecht zur Längsachse hin und her schwappen lässt“, so Liedl.
Schwingungen räumlich benachbarter Goldpartikel können aneinander koppeln. Diese Plasmonen verhalten sich in Liedls Experimenten aufgrund der Goldpartikel-Geometrien wie Bild und Spiegelbild. „Das sehen wir dann auch bei Messungen mit der CD-Spektroskopie“, sagt Liedl. Dabei wird zirkular polarisiertes Licht in die Probe eingestrahlt und ausgewertet, welcher Anteil absorbiert wird. Auf diese Weise können beispielsweise rechtshändige und linkshändige Anordnungen unterschieden werden.
In den Experimenten mit Nano-Stäbchen aus Gold reichen bereits zwei Stäbchen aus, um chirale Objekte aufzubauen. Diese beschreiben ein „L“ oder eben ein gespiegeltes „L“. Allerdings waren die Stäbchen auf der Nanoskala recht weit voneinander entfernt. Das bedeutet: Die Plasmonen auf den zwei Stäbchen merken kaum etwas voneinander. Doch der Physiker griff zu einem Trick: Er brachte Gold-Nanokügelchen in das Molekül, die Plasmonen der L-förmigen Strukturen koppelten. In der CD-Spektroskopie sah der Forscher tatsächlich Energieübergänge und konnte damit eine Hypothese bestätigen, die sein Team aufgrund von Berechnungen erwartet hatte.
Wie geht es weiter? Liedl sieht perspektivisch zwei Anwendungsgebiete seiner Nanostrukturen. Sie könnten sich als Sonden eignen, um beispielsweise Viren nachzuweisen: Wenn deren Erbgut an einen Goldpartikel bindet, verstärkt sich das CD-Signal. Außerdem könnten chirale plasmonische „Weichen“ als Modellsysteme für optische Computer dienen, bei denen optische Komponenten Transistoren ersetzen.
LMU / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
K. Martens et al.: Long- and short-ranged chiral interactions in DNA-assembled plasmonic chains, Nat. Commun. 12, 2025 (2021); DOI: 10.1038/s41467-021-22289-8 - Soft Condensed Matter (T. Liedl), Fklt. für Physik, Ludwig-Maximilians-Universität München