Mit Quantenbiologie gegen den Klimawandel
Hohe Effizienz bakterieller Chlorosomen bei der Lichtabsorption für industrielle Zwecke nutzbar machen.
Der Klimawandel ist die große Herausforderung der Weltgemeinschaft. In verschiedenen Disziplinen forschen Wissenschaftler daher intensiv zum Klimawandel. Merle Röhr, Expertin für theoretische Chemie und Physik an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg, leistet dazu ebenfalls einen Beitrag mit ihrer Expertise – und will nun das Thema Klimawandel mit einem Forschungsprojekt in Quantenbiologie angehen.
Röhr blickt im Kampf gegen den Klimawandel in die Natur: „Die Natur deckt ihren gesamten Energiebedarf durch die Aufnahme und Umwandlung von Sonnenlicht“, so die Expertin. „Besonders beeindruckend ist die Effizienz der Lichtabsorption durch Chlorosomen in grünen Schwefelbakterien, die es den Bakterien ermöglicht, selbst Orte mit minimaler Sonneneinstrahlung zu besiedeln.“
Chlorosomen bilden in Zellen einen photosynthetischen Antennenkomplex, sie beinhalten Aggregate aus dichtgepackten Chlorophyll-Molekülen, die der Absorption von Licht dienen. Der genaue atomistische Aufbau dieses Komplexes ist aber noch immer unbekannt. Genau hier setzt Röhr in ihrer Forschung an: „Es geht in unserem Forschungsprojekt darum, ein atomistisches Bild von der Struktur der Chlorosomen zu entwickeln. Denn wenn wir aufklären, wie sie im Detail aufgebaut sind und wie sie funktionieren, können wir diese Strategien nutzen, um neue Materialien für eine effizientere Nutzung des Sonnenlichts zu entwickeln – zum Beispiel in Solarzellen.“
Doch hierfür werden Methoden aus verschiedenen Disziplinen nötig sein. „Lichtabsorption ist ein quantenmechanischer Prozess, den wir in ein molekulares Bild übertragen wollen“, so Röhr. Konkret bedeutet dies: die Entwicklung eines Algorithmus zur Analyse und anschließenden Interpretation von spektroskopischen Messdaten, die an einer Reihe von Mutanten des Bakteriums Chlorobium tepidum aufgenommen wurden. Durch die gezielte Manipulation ihrer Biosynthese weisen die Mutanten simplere Strukturen auf und liefern somit für die anschließende Analyse und Modellierung von Chlorosomen erste Anhaltspunkte.
Merle Röhr hat das Forschungsprojekt zum 1. April 2020 begonnen, dabei wird sie auch mit Forschern der Universität Bayreuth und der Pennsylvania State University (USA) zusammenarbeiten. Gefördert wird sie dabei vom Klaus Tschira Boost Fund, mit 80.000 Euro über zwei Jahre. Der Fund ist eine Initiative der German Scholars Organization und der Klaus Tschira Stiftung. Die Initiative möchte damit exzellente Wissenschaftler der Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik unterstützen.
Röhr studierte Chemie an der Humboldt-Universität zu Berlin und schloss ihre Promotion in theoretischer Physik an der Freien Universität Berlin ab. Aktuell ist sie Nachwuchsgruppenleiterin am Zentrum für Nanosystemchemie der JMU. In dem Projekt überträgt sie erstmals ihre Expertise in das Forschungsgebiet der Quantenbiologie. „Langfristig möchten wir durch solche Forschung Prozesse in der Biologie in ein molekulares Bild bringen, um ihre Funktionsweise in (teil-)synthetischen Materialien nutzbar zu machen“, so Röhr.
JMU / DE