25.06.2018

Mit zwei Augen sieht man besser

Erdbeobachtungssonde Sentinel-3b fliegt nun gemeinsam mit Zwillings­satellit im Tandem.

Das Sentinel-3-Satellitenduo, eine der Säulen des europäischen Copernicus-Programms, ist nun im Weltall vereint: Am 25. April 2018 um 19.57 Uhr mittel­europäischer Sommer­zeit war der Erd­beobachtungs­satellit Sentinel-3B mit einer Rockot-Träger­rakete vom russischen Weltraum­bahnhof in Plesetsk gestartet. „Die Zwillings­satelliten überwachen nun gemeinsam die Erde“, erklärt Michael Nyenhuis, zuständig für die Sentinel-3-Mission im Raumfahrt­management des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). „Sobald Sentinel-3B erfolgreich im Orbit getestet wurde, wird das System voll einsatz­bereit sein, und wir erhalten wertvolle zusätzliche Daten.“

Abb.: Ein Sentinel-3-Satellit löst sich von der Trägerrakete. (Bild: ESA / P- Carril)

Sentinel-3B umkreist nun auf der gleichen polaren Umlauf­bahn in rund 815 Kilometern Höhe die Erde wie sein bau­gleicher Zwilling, Sentinel-3A, der bereits im Februar 2016 gestartet war. Zu Beginn ihrer gemeinsamen Mission befinden sich die Satelliten im Tandem­flug, also mit einem geringen zeitlichen Abstand von nur dreißig Sekunden voneinander, um die zahlreichen Sensoren der beiden Satelliten miteinander zu kalibrieren. Anschließend entfernen sich die Satelliten auf eine Distanz von rund vierzig Flug­minuten voneinander, um eine möglichst optimale zeitliche Abdeckung der Erd­ober­fläche zu gewähr­leisten. Anhand der Erkenntnisse, die durch Sentinel-3A gewonnen wurden, konnten Forscher die Flug­bahn von Sentinel-3B optimieren, um häufigere Messungen der Meeres­spiegel­höhe durchführen zu können. Mindestens sieben Jahre lang wird der Satellit Daten zur Erde senden. Die Welt­meere stehen im Fokus der Mission, aber auch groß­flächige Veränderungen der Land­flächen werden dokumentiert.

Die Wassermassen auf unserem Planeten, die rund siebzig Prozent der Erd­oberfläche bedecken, speichern und transportieren große Mengen an Energie und Wärme. Hier­durch haben sie einen starken Einfluss auf die Klima- und Wetter­systeme der Erde. Die umfang­reichen Daten zu Wasser­temperatur, Höhe des Meeres­spiegels und zur Dicke der Eis­schicht auf den Ozeanen, welche die beiden Sentinel-3-Statelliten nahezu in Echt­zeit übermitteln, sind daher nicht nur für die Schiff­fahrt von Interesse. Sie liefern vor allem die Grund­lagen für eine präzise Wetter­vorhersage und für die Klima­forschung – etwa zur Erstellung von möglichst realitätsnahen Modellen zur Klima­entwicklung. Zudem ermöglichen die Daten, die Verschmutzung der Meere sowie die Produktion von Bio­masse in den Ozeanen zu überwachen.

Über Land soll die Sentinel-3-Mission aktive Wald­brände und Brand­flächen erfassen, um so einerseits Kohlen­stoff-Emissionen abschätzen zu können, aber auch um groß­räumig wichtige Informationen über Katastrophen­risiken zu liefern. Außerdem ermitteln die Satelliten die verschiedenen Land­nutzungs­arten und den Zustand der Vegetation auf der Erd­oberfläche. Diese Daten fließen sowohl in die Erstellung von Karten­material als auch ins moderne Agrar­management mit ein. Eine weitere Aufgabe der Zwillings­satelliten ist etwa das Aufspüren von Hitze­inseln – also lokal begrenzte Temperatur­erhöhungen, die über Groß­städten entstehen. Ihr Einfluss auf das regionale Klima, sowie der Einfluss des Klima­wandels auf die Städte sind bislang noch weitgehend unerforscht.

Drei Processing and Archiving Center (PACs) empfangen, verarbeiten und speichern Sentinel-3-Daten. Eines von ihnen ist das Earth Observation Center (EOC) des DLR in Ober­pfaffenhofen. Über das Copernicus-Hoch­leistungs­daten­netzwerk gelangen die Roh-Daten von der Empfangs­station im norwegischen Svalbard an den Standort. Hier werden Informations­produkte erstellt und im Langzeit-Archiv wissen­schaftlichen Nutzern und der Öffentlich­keit zugänglich gemacht. Wenige Tage nach dem Satelliten­start werden die ersten Test­daten erwartet, die kalibrierten und korrigierten Daten sind dann voraus­sichtlich ab September verfügbar.

Die Sentinel-3B-Daten lassen den Copernicus-Datenbestand im Deutschen Satelliten­daten­archiv (DSDA) weiter anwachsen: Zusammen mit den Daten der Radar-Mission Sentinel-1 sind in nur drei­einhalb Jahren über 3,6 Millionen Daten­sätze und eine Daten­menge von über 7200 Terabyte entstanden. Auf CD-Rohlinge gebrannt, würde dies einen Turm von rund 1800 Metern Höhe entstehen lassen. „Diesen gewaltigen Daten­schatz zu verarbeiten und zu analysieren ist die neue Heraus­forderung in der Erd­beobachtung. Dank unserer lang­jährigen Erfahrung im Umgang mit enormen Daten­mengen, wie etwa im Rahmen der TanDEM-X-Mission, sind wir heute mit unseren Methoden in der Lage Big-Data-Analysen in der Erd­beobachtung zu betreiben", so Stefan Dech, einer der beiden Direktoren am EOC.

Mit Sentinel-3B ist der siebte Satellit des Copernicus-Programms gestartet, und die ersten vier Satelliten­missionen des Copernicus Weltraum­segments sind nun komplett: Dazu gehören neben Sentinel-3 die beiden Radar­satelliten von Sentinel-1, welche die Erde bei Tag und Nacht sowie durch Wolken­schichten hindurch beobachten können, sowie die Satelliten Sentinel-2A und -2B, welche vor allem die Land­massen im Blick haben und Sentinel-5P zur Messung von Luft­schad­stoffen, Treib­haus­gasen und Aerosolen. Der nächste Start eines Copernicus-Satelliten soll im Jahr 2020 erfolgen.

DLR / DE

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