Modellieren für die Energiewende
Plattform der Helmholtz Energy Computing Initiative bietet Open-Source-Software.
Ob bei der Planung neuer Stromleitungen und verteilter Kraftwerke oder bei einer Novellierung der Energiemarktregulation – Computermodelle helfen dabei, im Rahmen der Energiewende fundierte Entscheidungen zu treffen. Bislang gab es für die Modellierung keine gemeinsamen Standards. Mit der Helmholtz Energy Computing Initiative (HECI), an der sich Wissenschaftler verschiedener Helmholtz-Zentren beteiligen, präsentiert die Helmholtz Gemeinschaft HGF nun eine Plattform, auf der erstmals zugangsfreie Benchmarks, skalierbare Methoden, realistische Daten sowie Open-Source-Software für die Projektierung und Optimierung künftiger Energiesysteme bereitstehen.

„Mit dieser Initiative stellen wir wertvolle Ressourcen auf dem Weg zu einem sicheren, nachhaltigen und bezahlbaren Energiesystem frei zugänglich zur Verfügung“, sagt Holger Hanselka, Vizepräsident für den Forschungsbereich Energie der Helmholtz-Gemeinschaft. „Wir bekennen uns damit klar zu Open Source und einem transparenten Austausch in der Wissenschaft. Dadurch setzen wir nicht nur globale Standards für die Energiesystemmodellierung – sondern auch für Kooperation und offene Wissenschaft im Sinne der Prinzipien der Helmholtz-Gemeinschaft.“ Unter den zahlreichen Angeboten der HECI befindet sich beispielsweise die kostenlose Software-Toolbox „Python for Power System Analysis“ (PyPSA), mit der moderne Stromversorgungssysteme simuliert und optimiert werden können.
Beim Bestimmen von Transformationspfaden des Gesamtsystems hilft das „Framework for Integrated Energy Assessment“ (FINE) – eine Software, die speziell dafür entwickelt wurde, sektorübergreifende Energiesysteme zu verbessern. Für die Lösung typischer Optimierungsprobleme beim Ausbau erneuerbarer Energien stehen neu entwickelte Algorithmen wie der „McCormick-based Algorithm for mixed-integer Nonlinear Global Optimization“ (MAiNGO) oder auch das „Time Series Aggregation Module“ (tsam) zur Verfügung. Neben den Softwareangeboten finden sich auf der HECI-Plattform außerdem Datensätze sowie auch Energiesystemmodelle inklusive Daten zur Bewertung von Methoden der Simulation und deren Weiterentwicklung. Ein Zusammenspiel der unterschiedlichen Werkzeuge ermöglicht, optimale Betriebs- und Investitionsentscheidungen in Energiesystemen einzelner Liegenschaften bis hin zu europäischen Übertragungsnetzen zu treffen und dabei gleichzeitig auf eine Erfüllung der Klimaziele von Paris hinzuarbeiten.
Realisiert wurde die HECI-Plattform von Wissenschaftlern im Rahmen der gemeinsamen Helmholtz-Initiative „Energie System 2050“. Beteiligt waren neben dem KIT das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das Forschungszentrum Jülich (FZJ), das Helmholtz-Zentrum Potsdam (GFZ), das Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB), das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP – assoziiert) sowie das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Ein offenes und gemeinsames Ökosystem für die Modellierung von Energiesystemen hat viele Vorteile: Da Energiepolitik in hohem Maße kontrovers sein kann, erhöht offene Forschung das Vertrauen der politischen Entscheidungsträger und der Öffentlichkeit in die Ergebnisse der Wissenschaft. Durch die zugangsfreie Verfügbarkeit wird zudem die Redundanz von Forschungsarbeit verringert, sodass Ressourcen effizienter genutzt werden. Außerdem kann auch die Qualität der Forschung selbst profitieren, da Feedback und Fehlerkorrekturen durch zahlreiche Akteure in die weitere Entwicklung des offenen Quellcodes einfließen.
Nicht zuletzt fördert die Open-Source-Bereitstellung auch die Kooperation im Energiebereich auf nationaler und internationaler Ebene. So lassen sich Modelle viel leichter austauschen, wenn sie mit denselben Werkzeugen erstellt wurden, und Software kann zudem einfacher an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden. Statt auf teure Trainingseinheiten zurückgreifen zu müssen, können sich Benutzer bei der Anwendung zudem gegenseitig unterstützen. Bereits heute sind die Modellierungswerkzeuge der Helmholtz-Gemeinschaft etwa bei großen Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland im Einsatz. Auch weltweit werden sie von Forschungsinstitutionen, NGOs und Unternehmen verwendet.
KIT / JOL