19.09.2025 • Teilchenphysik

MOGON berechnet Wechselwirkung des Pions mit dem Higgs-Feld

Schwer fassbare Niederenergiekonstante aus fundamentaler Theorie ermittelt – Großsimulationen auf Supercomputern sind die einzige Möglichkeit.

Mithilfe von innovativen Großsimulationen auf verschiedenen Supercomputern ist es Physikern der Johannes Gutenberg-Universität Mainz gelungen, neue Erkenntnisse zu bisher schwer fassbaren Aspekten der Physik der starken Wechselwirkung zu gewinnen: Georg von Hippel und Konstantin Ottnad vom Institut für Kernphysik und dem Exzellenzcluster PRISMA+ haben auf Grundlage der Quantenchromodynamik mit bisher unerreichter Präzision die Wechselwirkung des Pions mit dem Higgs-Feld berechnet.

Hochleistungsrechner MOGON NHR Süd-West im Serverraum der JGU
Hochleistungsrechner MOGON NHR Süd-West im Serverraum der JGU
Quelle: Peter Pulkowski / U Mainz

Eine der Herausforderungen bei der Untersuchung der starken Wechselwirkungen besteht darin, dass sich die Eigenschaften von Teilchen nicht ohne Weiteres direkt aus der QCD berechnen lassen. Stattdessen kommen numerische Methoden, insbesondere die sogenannte Gitter-QCD, zum Einsatz. Bei der Gitter-QCD werden Quarks, Gluonen und deren Interaktionen auf einem diskreten Raster – oder Gitter – von Raum und Zeit simuliert. Diese Methode hat zwar erhebliche Fortschritte ermöglicht, bringt jedoch auch ihre eigenen Schwierigkeiten mit sich: Einerseits müssen die Auswirkungen dieser Beschreibung von Raum und Zeit auf die Berechnungen gut verstanden werden, andererseits benötigen die Simulationen Rechenleistung, die nur von Höchstleistungsrechnern bereitgestellt werden kann.

Mehr zu Quantenchromodynamik

Photo
Photo
Photo
Photo
Photo
Andrea Knue, Alexander Grohsjean und Peter Uwer • 6/2022 • Seite 29

Von der Nadel im Heuhaufen zur Kompassnadel der Teilchenphysik

Photo
Hartmut Wittig • 12/2013 • Seite 41

Farbdynamik auf dem Gitter

Bei niedrigen Energien lassen sich die starken Wechsel­wirkungen häufig besser im Rahmen der chiralen Störungs­theorie erklären. Die Bausteine dieses Rahmens sind leichte Mesonen, wie das Pion, die als Wechsel­wirkungs­träger fungieren und die starke Wechsel­wirkung zwischen Nukleonen vermitteln. Diese Theorie basiert auf den Prinzipien der QCD und umfasst alle Eigen­schaften der zugrunde liegenden Quarks und Gluonen. Sie beschreibt die resultie­rende Physik jedoch auf andere Weise. „Man kann sich das an einer Analogie aus dem Alltag klar machen“, erklärt von Hippel. „Wir alle wissen, dass Wasser aus H2O-Molekülen besteht, aber wenn wir es im Spül­becken vor uns haben, ist es viel praktischer, es als eine Flüssig­keit mit einer bestimmten Dichte, Oberflächen­spannung und Viskosität zu beschreiben, die sich aber letztlich natürlich alle aus den Eigen­schaften der H2O-Moleküle ergeben."

Um die Eigen­schaften der QCD korrekt wiederzugeben, hängt die chirale Störungs­theorie von einer Reihe von Nieder­energie­konstanten ab. Diese beschreiben die Stärke der verschie­denen Wechsel­wirkungen der Mesonen unter­einander sowie mit externen Feldern wie dem elektro­magneti­schen Feld. „Einige dieser Nieder­energie­konstanten lassen sich praktisch nicht aus experimen­tellen Daten bestimmen und müssen mithilfe der QCD berechnet werden. Wir haben nun eine derartige Nieder­energie­konstante erstmals genau bestimmt. Sie kann als die Stärke der Wechsel­wirkung des Pions mit dem Higgs-Feld verstanden werden“, erklärt von Hippel.

Großsimulationen der Gitter-QCD auf Super­computern sind die einzige Möglich­keit, die Nieder­energie­konstanten aus der QCD zu berechnen. Dank speziell ent­wickel­ter Algo­rithmen konnten von Hippel und Ottnad nun Gitter­ergeb­nisse mit einer um mehr als das Zehn­fache höheren Genauig­keit als bisherige Berech­nungen erzielen. „Wir konnten einen bisher weit­gehend unbekannten Wert mit kontrol­lierter Genauig­keit aus den Gitter­simula­tionen bestimmen“, so von Hippel. Die Berech­nungen führten von Hippel und Ottnad auf Super­computern des Gauss Centre for Super­computing am Leibniz Super­computing Centre und am Jülich Super­computer Centre sowie auf den Mainzer Hoch­leistungs­rechen­clustern Clover, MOGON NHR, MOGON II und HIMster-2 durch.

Ihre Berechnungen haben von Hippel und Ottnad aber nicht nur für die Bestimmung der Nieder­energie­konstanten der Chiralen Störungs­theorie verwendet. Für eine beglei­tende Arbeit nutzten sie ihren Ansatz auch, um Beiträge zum Radius des Pions mit noch nie da gewesener Präzision zu berechnen. „Unsere Arbeit zeigt, dass Größen, die bisher als unerreichbar galten, nun für moderne Gitter-QCD-Simula­tionen zugänglich sind“, fasst von Hippel zusammen. „Unsere Ergebnisse sind ein erster Schritt in eine neue Phase der Gitter­rechnungen. In Zukunft wollen wir weitere physika­lische Größen wie die Radien von Kaonen oder die Momente von Quarks bestimmen.“ [JGU / dre]

Anbieter

Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Saarstr. 21
55122 Mainz
Deutschland

Kontakt zum Anbieter







Anbieter des Monats

Edmund Optics GmbH

Edmund Optics GmbH

With over 80 years of experience, Edmund Optics® is a trusted provider of high-quality optical components and solutions, serving a variety of markets including Life Sciences, Biomedical, Industrial Inspection, Semiconductor, and R&D. The company employs over 1.300 people across 19 global locations and continues to grow.

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Meist gelesen

Themen