02.07.2009

Molekül als Lichttransistor

Ein Photon steuert einen Lichtstrahl mit Hilfe eines einzelnen Farbstoffmoleküls.

Molekül als Lichttransistor

Ein Photon steuert einen Lichtstrahl mit Hilfe eines einzelnen Farbstoffmoleküls.


Ein optischer Computer, der mit Photonen statt mit Elektronen arbeitet, hätte eine Reihe von Vorteilen. Die Informationsübertragung mit Licht wäre schneller als die mit Elektrizität. Zudem würden die Lichtsignale einander nicht beeinflussen, sodass der optische Computer „massiv-parallel“ rechnen könnte. Gelänge es schließlich, einzelne Photonen zu verarbeiten, so könnte deren Polarisationszustand jeweils ein Quantenbit tragen und damit den optischen Computer zu einem Quantencomputer machen. Doch noch fehlt ein entscheidender Baustein für den Lichtcomputer: ein Transistor, der es ermöglicht, mit einem schwachen Lichtstrahl einen starken zu steuern. Das Problem liegt darin, dass dieser nichtlineare optische Effekt schon bei geringen Lichtintensitäten funktionieren müsste. Forscher in der Schweiz haben jetzt optische Transistoren aus einzelnen Farbstoffmolekülen hergestellt.

Vahid Sandoghdar und seine Kollegen von der ETH in Zürich betteten die Farbstoffmoleküle – es handelte sich um Dibenzanthanthren (DBATT) – in geringer Konzentration in eine Matrix aus n-Tetradecan ein. Da die Anregungsfrequenzen der Farbstoffmoleküle von ihrer individuellen Umgebung in unterschiedlicher Weise beeinflusst wurden, konnten die Forscher mit einem abstimmbaren Laser gezielt ein Farbstoffmolekül in der Matrix anregen und anhand seiner Fluoreszenz detektieren.

Damit aus diesem Molekül ein optischer Transistor werden konnte, musste es je nach seinem Anregungszustand einen zweiten Laserstrahl unterschiedlich stark beeinflussen. Dass ein einzelnes Molekül einen merklichen Einfluss auf einen Lichtstrahl haben kann, klingt zunächst wenig glaubwürdig. Doch schon vor drei Jahren konnten die Forscher zeigen, dass einzelne DBATT-Moleküle tatsächlich die Amplitude und Phase eines Laserfeldes nachweisbar veränderten. In einer theoretischen Arbeit wiesen sie zudem nach, dass ein einzelnes angeregtes Atom die Ausbreitung einer sehr stark fokussierten ebenen Lichtwelle um bis zu 85 % blockieren kann. Ein optischer Transistor aus einem Molekül schien also möglich.


Bei ihrem Transistorexperiment gingen die Forscher folgendermaßen vor. Sie bestrahlten das ausgewählte Molekül kontinuierlich mit fokussiertem Laserlicht, dessen Frequenz um eine bestimmte molekulare Anregungsfrequenz herum variiert werden konnte. Wurde die Transmission dieses Lichtes in Abhängigkeit von der Frequenz gemessen, so zeigte sie bei der Anregungsfrequenz ein deutliches Minimum, wobei sie von 100 % auf 94 % abnahm. Um die Transmissionseigenschaften des Moleküls zu verändern, regten es die Forscher mit 50 ps langen Pulsen eines zweiten Lasers an, der auf eine andere molekulare Anregungsfrequenz abgestimmt war.


Sobald das Molekül von einem Photon des gepulsten Lasers angeregt worden war, änderten sich seine Transmissionseigenschaften. War das Molekül mit gleicher Wahrscheinlichkeit im Grundzustand und im angeregten Zustand, so ließ es das Licht des kontinuierlichen Lasers bei allen Frequenzen zu 100 % durch. Wurde das Molekül vom gepulsten Laser so stark angeregt, dass es sich vollends im angeregten Zustand befand, so konnte es das kontinuierliche Laserlicht sogar geringfügig verstärken. Auf diese Weise nahmen die Forscher die nichtlineare „Kennlinie“ ihres optischen Transistors auf, die angab, wie sich die Intensität des kontinuierlichen Laserlichts in Abhängigkeit von der Intensität des gepulsten Laserlichts änderte.

Der optische Transistor aus einem einzelnen Farbstoffmolekül ist ein wissenschaftlicher Meilenstein auf dem Weg zum optischen Computer. Dieser Transistor hat jedoch noch einige Nachteile. So muss der kontinuierliche Laserstrahl, der gesteuert werden soll, sehr geringe Intensität haben. Andererseits benötigt man noch zu viele Photonen des gepulsten Lasers, um das Molekül tatsächlich anzuregen und den kontinuierlichen Laserstrahl zu steuern. Doch vorläufige Experimente von Sandoghdar und seinen Kollegen zeigen, daß man mit 1000 Photonen pro Sekunde die Intensität eines kontinuierlichen Laserstrahls um 10 % verringern kann. Da sehr viele DBATT-Moleküle in der Matrix sitzen und sich einzeln anregen lassen, könnte man eine große Zahl von optischen Transistoren parallel und unabhängig voneinander betreiben. Der Beeinflussung von Licht durch Licht würden sich dann ungeahnte Möglichkeiten eröffnen.

RAINER SCHARF

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