Multimodale Analyse von Lithium-Schwefel-Akkus
Untersuchung zeigt Auswirkung des Elektrolyten auf die Bildung von unerwünschten Schwefelpartikeln und Polysulfiden.
Lithium-Schwefel-Akkus haben theoretisch eine Energiedichte von 2500 Wattstunden pro Kilogramm, die deutlich höher als in konventionellen Lithium-Ionen-Akkus ist. Außerdem verwenden Li/S-Akkus im Vergleich zu Lithium-Ionen-Akkus umweltfreundlichere Kathodenmaterialien. Doch es gibt ein Problem bei Li/S-Akkus: Mit zunehmender Anzahl von Ladezyklen verändert sich das aktive Material, die metallische Lithiumanode korrodiert, die Kapazität sinkt rasch. Mit innovativen Elektrolyten und raffinierten Additiven wird versucht, diese Alterung zu bremsen. Bisher wurden jedoch vor allem Li/S-Akkus im Knopfzellendesign untersucht, wo diese Reaktionen im Elektrolyten getränkt stattfinden.
Für die Industrie sind jedoch andere Formate wie Rundzellen, prismatische Zellen oder Pouchzellen von besonderem Interesse. In diesen Formaten ist die Elektrolytmenge äußerst gering, was besonders hohe Energiedichten ermöglicht. Am HZB wurden jetzt erstmals multimodale Operand- Untersuchungen an Li/S-Pouchzellen durchgeführt. In Zusammenarbeit mit Teams der TU Dresden und des Fraunhofer-IWS hat ein Team um Sebastian Risse einlagige Li/S-Zellen mit unterschiedlichen Elektrolyten untersucht.
„Wir müssen zunächst die Prozesse in monolagigen Zellen verstehen, bevor wir auch mehrfache Lagen in Pouchzellen wissensbasiert optimieren können“, erläutert Risse. Für ihre Studie kombinierten die Forscher Auswertungen der Messdaten mit den Analysen der Röntgenradiographie. „So konnten wir Aussagen über die Bildung und Ablagerung von Schwefelpartikeln und Polysulfiden im Lauf der Ladezyklen treffen“, sagt Rafael Müller vom HZB. Dabei zeigte sich auch, wie stark der Einfluss des genutzten Elektrolyten auf die Partikelbildung ist.
In der multimodalen Messzelle, die Müller zusammen mit Risse entwickelt hat, befinden sich unterschiedliche Sensoren: Sie erfassen die elektrochemische Impedanz, die Temperatur, aber auch mechanische Kräfte auf den Elektroden. Zusätzlich wird die Pouchzelle während des gesamten Betriebs mit Röntgenlicht durchleuchtet, um eine Radiographie zu erstellen, aus der sich auf die chemischen Abscheidungsprozesse schließen lässt.
Um weitere Fortschritte auf Basis dieses Zellformats zu machen, wurde 2021 in der Abteilung Elektrochemische Energiespeicherung des HZB ein Pouchzellenlabor aufgebaut. Zur Herstellung dieser Zellen werden rechteckige Elektroden in Scheckkartenformat aufeinandergestapelt und von einer dünnen Separatorfolie getrennt in eine versiegelbare Tasche gesteckt. Pouchzellen benötigen im Vergleich zu Knopfzellen nur wenig Elektrolyt, um den Ladungstransport zu gewährleisten. Alle elektrochemischen Prozesse finden daher unter deutlich trockeneren Bedingungen statt. „Der notwendige Elektrolytmangel wirkt sich auf diese Prozesse sehr stark aus und muss daher direkt in einem industriell relevanten Zellformat untersucht werden“, betont Risse.
HZB / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
R. Müller et al.: Operando Radiography and Multimodal Analysis of Lithium–Sulfur Pouch Cells—Electrolyte Dependent Morphology Evolution at the Cathode, Adv. Energy Mat. 2022, 2103432 (2022); DOI: 10.1002/aenm.202103432 - Elektrochemische Energiespeicherung, Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH