02.03.2015

MUSE übertrifft Hubble

3D-Spektrograph am VLT gelingt bis­lang tiefs­ter drei­dimensio­naler Blick ins Uni­versum.

Einem Astronomenteam mit Beteiligung aus Potsdam und Göttingen ist es mit dem MUSE-Instrument am Very Large Telescope der ESO gelungen, den bisher besten dreidimen­sionalen Blick in das tiefe Universum zu gewinnen. Nach einer gerade einmal 27-stündigen Beob­achtung der Hubble Deep Field South-Region konnten sie Aussagen über Entfer­nungen, Bewegungen und andere Eigen­schaften von weitaus mehr Galaxien als jemals zuvor in diesem kleinen Bereich des Himmels machen. Damit schlugen sie Hubble um Längen und machten bisher unsicht­bare Objekte sichtbar.

Abb.: Das Hintergrundbild dieser Komposit­aufnahme zeigt die Region des Hubble Deep Field South. Neue Beobach­tungen mit dem MUSE-Instrument am VLT haben darin weit entfernte Galaxien enthüllt, die für Hubble unsichtbar waren. Zwei solcher Beispiele sind im zusammen­gesetzten Bild markiert. Im Hubble-Bild sind sie vollkommen unsichtbar, erscheinen aber deutlich in den entspre­chenden Bereichen der dreidimen­sionalen MUSE-Daten. (Bild: ESO / MUSE Cons. / R. Bacon et al.)

Deep Field-Aufnahmen, die mit besonders langer Belichtungs­zeit von Teilen des Himmels angefertigt wurden, verraten Astronomen viel über das frühe Universum. Das bekannteste derartige Bild ist das Hubble Deep Field (HDF), das Ende 1995 vom Hubble-Weltraum­teleskop über mehrere Tage hinweg aufgenommen wurde. Diese eindrucks­volle und symbolträchtige Aufnahme änderte unser Verständnis vom Inhalt des frühen Universums von Grund auf. Zwei Jahre später folgte eine ähnliche Aufnahme vom Südhimmel – das Hubble Deep Field South (HDF-S).

Diese Bilder hatten allerdings auch nicht alle Antworten parat – um mehr über die Galaxien in den Deep-Field-Bilder herauszu­finden, mussten die Astronomen mithilfe anderer Instrumente jede einzelne Galaxie sorgfältig unter­suchen, was eine schwierige und zeitauf­wändige Arbeit war. Zum ersten Mal kann nun das Muse-Instrument beide Arbeiten auf einmal erledigen – und das deutlich schneller.

Eine der ersten Aufgaben für MUSE nach seiner Inbetriebnahme am VLT im Jahr 2014 war es, das Hubble Deep Field South genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Ergebnisse übertrafen die Erwartungen.

„Nach nur wenigen Stunden Beobachtung am Teleskop, schauten wir uns die Ergebnisse kurz an und fanden viele Galaxien – das war schonmal sehr vielversprechend. Als wir nach Europa zurückkehrten, begannen wir, uns die Daten genauer anzuschauen. Es war als würden wir in tiefem Wasser angeln. Jeder neue Fang versetzte uns in Aufregung und löste viele Diskus­sionen angesichts der dabei gefundenen neuen Arten aus,“ erklärt Roland Bacon vom Centre de Recherche Astro­physique de Lyon (CNRS) in Frankreich, der Projektleiter des MUSE-Instru­ments und Chef des Inbetrieb­nahme­teams.

Jeder einzelne Punkt auf der MUSE-Aufnahme vom HDF-S ist nicht nur durch einen Pixel gekenn­zeichnet, sondern gleichzeitig auch durch ein Spektrum, das die unterschiedlichen Farb­zusammen­setzungen des Lichts an diesem Punkt enthüllt – insgesamt also knapp 90.000 Spektren. Daraus lassen sich Rück­schlüsse auf Entfernung, Zusammen­setzung und innere Bewegungen von hunderten weit entfernter Galaxien ziehen – genauso wie auf eine kleine Zahl sehr licht­schwacher Sterne in der Milch­straße, die ebenfalls eingefangen wurden.

Abb.: Anim.: Die dreidimensionalen Daten lassen sich als Stapel tausender Einzelbilder in verschiedenen Wellen­längen, vom blauen Teil des Spektrums hin zum nahen Iinfrarot betrachten. Da viele Galaxien des weit entfernten Universums nur in bestimmten Wellen­längen­bereichen Licht emittieren, erscheinen sie in dieser Visuali­sierung nur als kurze Blitze. (Video: ESO / MUSE Cons. / R. Bacon et al.)

Obwohl die Belichtungszeit deutlich kürzer war als bei den Hubble-Bildern, konnte MUSE mit den gesammelten HDF-S-Daten mehr als zwanzig sehr lichtschwacher Objekte in diesem kleinen Bereich des Himmels zum Vorschein bringen, die Hubble überhaupt nicht beobachtet hat.

Indem sie all diese Spektren aus der MUSE-Beobachtung des HDF-S untersuchten, konnte das Team die Entfernung zu 189 Galaxien bestimmen. Die Bandbreite reicht von sehr nahe­gelegenen bis hin zu solchen, die noch aus der Zeit stammen, als das Universum weniger als eine Milliarde Jahre alt war. Das sind mehr als zehn mal so viele Entfernungs­messungen für diesen Teil des Himmels als es zuvor gab.

Für nähere Galaxien sind die Möglich­keiten der Astronomen dank MUSE größer. So können sie beispiels­weise die unter­schied­lichen Eigen­schaften an verschiedenen Stellen innerhalb der selben Galaxie näher unter­suchen. Dies lässt sowohl Rück­schlüsse auf die Rotation der Galaxie zu, als auch darauf, inwiefern sich andere Eigen­schaften von Ort zu Ort unter­scheiden. Für das Verständnis, wie sich Galaxien im Laufe der Zeit entwickeln, ist das entscheidend.

ESON / OD

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