25.09.2020 • Geophysik

Nanokristalle lassen Vulkane explodieren

Kristalle erhöhen die Zähflüssigkeit des unterirdischen Magmas.

Wenige Nanometer große Kristalle können explosions­artige Vulkan­ausbrüche verursachen. Diesen über­raschenden Zusammen­hang hat jetzt ein deutsch-britisches Forschungs­team unter der Leitung von Danilo Di Genova vom Bayerischen Geo­institut der Uni Bayreuth entdeckt. Die Kristalle erhöhen die Zäh­flüssig­keit des unter­irdischen Magmas. Infolge­dessen kommt es zu einem Stau auf­steigender Gase. Der konti­nuier­lich steigende Druck entlädt sich schließlich in massiven Eruptionen.

Abb.: Trans­missions­elek­tronen­mikro­sko­pische Auf­nahme eines...
Abb.: Trans­missions­elek­tronen­mikro­sko­pische Auf­nahme eines Nano­kristalls mi einem Durch­messer von etwa 25 Nano­metern in einem basal­tischen Magma vom Ätna in Italien. (Bild: N. Miya­jima, U. Bayreuth)

„Für die Geoforschung war es immer ein Rätsel, was den plötz­lichen und gewalt­samen Ausbruch scheinbar fried­licher Vulkane veranlasst“, erläutert Di Genova. „Mit nano­geo­wissen­schaft­lichen Forschungs­arbeiten sind wir jetzt einer Erklärung auf die Spur gekommen. Sehr kleine Kristall­körnchen mit hohen Anteilen von Eisen, Silizium und Aluminium stehen am Anfang einer Verkettung von Ursachen und Wirkungen, die für die Bevölkerung im Umkreis eines Vulkans mit einer Katastrophe enden kann.“

Wegen ihres Durchmessers von wenigen Nano­metern werden die Kristalle auch als Nanolithe bezeichnet. Mit spektro­skopischen und elektronen­mikro­skopischen Verfahren haben die Forscher Spuren dieser für das Auge unsicht­baren Teilchen in der Asche ausge­brochener Vulkane nach­ge­wiesen. Aufgrund von Unter­suchungen in Laboren des BGI konnten sie diese Kristalle beschreiben und schließlich zeigen, wie diese Kristalle die Eigen­schaften von vulkanischem Magma beeinflussen. Die Unter­suchungen konzen­trierten sich auf Magma, das einen geringen Anteil von Silizium­oxid besitzt und nach einem Vulkan­ausbruch an der Erd­ober­fläche zu Basalt erkaltet.

 Siliziumarmes Magma ist für seine geringe Viskosität bekannt. Es bildet eine dünn­flüssige Lava, die schnell und leicht dahin­strömt. Anders verhält es sich jedoch, wenn eine größere Anzahl von Nano­lithen darin enthalten ist. Dadurch wird das Magma zäh­flüssig – und weit weniger durch­lässig für Gase, die aus dem Erdinneren aufsteigen. Statt kontinuier­lich aus dem Vulkan­kegel zu entweichen, bleiben die Gase in den Tiefen des Vulkans im heißen Magma stecken. Infolge­dessen gerät das Magma immer stärker unter Druck, bis es schließlich explosions­artig aus dem Vulkan heraus­ge­schleudert wird.

„Ständige leichte Rauch­fahnen über einem Vulkan­kegel müssen nicht unbedingt als Anzeichen eines bevor­stehenden gefähr­lichen Ausbruchs gedeutet werden“, so Di Genova. „Umgekehrt aber kann die Inaktivität scheinbar fried­licher Vulkane trügen.“ Der Wissen­schaftler plant nun, die geo­chemischen Prozesse, die unerwartet zu derart heftigen Ausbrüchen führen, mit Hilfe von Techniken der Hochdruck-Forschung und mit Computer­simulationen zu modellieren. Sein Ziel ist, diese Prozesse besser zu verstehen und damit auch die Risiken für die Bevölkerung im Umkreis von Vulkanen reduzieren zu können.

U. Bayreuth / RK

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