Nanothermometer für heiße Prozessoren
Analyse von Plasmonresonanzen legt die Grundlage für Temperaturmessungen mit einer bisher unerreichten, genauen Ortsauflösung.
Mit Strahlungsthermometern lassen sich schon lange Temperaturen ohne jeden störenden Kontakt exakt messen. Doch ist diese Thermometrie-Methode in ihrer Ortsauflösung wegen der Wellenlänge von Infrarotstrahlung oder sichtbarem Licht auf mindestens einige hundert Nanometer beschränkt. Diesen Nachteil beseitigten nun kalifornische Forscher, die ein kontaktfreies Thermometer für Nanostrukturen entwickelt haben, das lokale Temperaturen bis auf fünf Nanometer genau bestimmen konnte. Die neue Methode hat das Potenzial, Quanteneffekte der Wärmeleitung besser untersuchen und das Wärmemanagement hoch getakteter Prozessoren optimieren zu können.
Abb.: Aufgeheizter Aluminium-Nanodraht unter dem Mikroskop: Auf der einen Seite (grüner Bereich) herrscht Raumtemperatur, auf der anderen ist der Draht etwa 200 Grad heiß. (Bild: CEMMA, Regan Group collaboration)
Die Arbeitsgruppe um Brian Chris Regan von der University of California in Los Angeles kombinierte für ihr Nanothermometer ein Rastertransmissionselektronenmikroskop (STEM) mit einem Elektronenenergieverlustspektrometer (EELS). Damit konnten sie einen Elektronenstrahl auf einen wenige Nanometer kleinen Bereich fokussieren. Mit dem Spektrometer ermittelten sie die Elektronenenergie, die für die Anregung von Plasmonen in einem Nanodraht aus Aluminium nötig war. Resultat war ein Energieverlustspektrum, aus deren Variationen die Forscher die jeweils lokale Temperatur des Nanodraht berechnen konnten. „Bisher konnte über die Wärmeleitfähigkeit nur eine einzige Temperatur für einen Nanodraht bestimmt werden“, sagt Brian Chris Regan. Die neue Methode dagegen lieferte bis zu 10.000 Messwerte mit extrem hoher räumlicher Auflösung.
Die physikalische Grundlage für die Änderungen der nötigen Anregungsenergie für die Plasmonen lag in der thermischen Ausdehnung des Leichtmetalls. Mit zunehmender Temperatur verringerte sich die Dichte der Valenzelektronen im Nanodraht. Das führte zu einer geringen Verschiebung des Plasmonensignals im Energieverlustspektrum. Genau diese Verschiebung bot damit einen verlässlichen Maßstab für die lokale Temperatur des Nanodrahts in einem Messbereich zwischen etwa 200 und 600 Kelvin.
Abb.: Der Elektronenstrahl eines STEM (rechts) fokussiert auf den Aluminium-Nanodraht für eine räumlich hoch aufgelöste Temperaturmessung (Bild: CEMMA, Regan Group collaboration)
In zahlreichen Versuchen heizten Regan und Kollegen nur 80 bis 100 Nanometer dünne und in Schleifen angeordnete Nanodrähte bis auf einige hundert Grad auf. Während des Abtastens mit dem neuen Thermometer – Plasmon Energy Expansion Thermometer (PEET) genannt – ließ sich die Temperatur mit einer Genauigkeit von zehn Prozent bestimmen. Dabei wurde der Nanodraht niemals direkt berührt, da dies die empfindliche Messung unweigerlich gestört hätte.
Da das neue Thermometer die lokale Temperatur bis auf fünf Nanometer genau messen kann, könnten nun fundamentale Studien von Quanteneffekten bei der Wärmeleitung folgen, ist der französische Wissenschaftler Christian Colliex von der Université Paris Sud XI überzeugt. „Diese Arbeit eröffnet neue Wege, um die Grenzen der Mikro- und Nanoelektronik weiter verschieben zu können“, schreibt er in einem begleitenden Kommentar in der Zeitschrift „Science“. Regan und Kollegen sind zudem davon überzeugt, dass ihr Nanothermometer schon bald eine praktische Anwendung nach sich ziehen wird. Denn nun ließen sich die Hitzequellen auf hoch getakteten Prozessoren mit einigen Milliarden Transistoren besser orten. Das böte eine Grundlage für ein verbessertes Wärmemanagement und ausgeklügelte Kühlmethoden für Computerchips.
Bisher testeten die Wissenschaftler nur an Nanodrähten aus Aluminium. Doch viele andere Materialien zeigen ebenfalls relativ scharfe Plasmon-Resonanzen, die in Zukunft für eine Temperaturmessung mit hoher Ortsauflösung genutzt werden könnten. Dazu zählen Metalle wie Wolfram und Silber, sowie Halbleiter wie Silizium oder Galliumarsenid.
Jan Oliver Löfken
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