25.04.2012

Neue Generation von Raumfahrern: Algonauten

Weltraummission: RUB-Biologen erforschen neues Lebenserhaltungssystem für die Raumfahrt.

Algen sollen künftig auf bemannten Raummissionen für ausreichend Sauerstoff und eine vitaminreiche Nahrungsergänzung sorgen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt beauftragte Forscher der Ruhr-Universität Bochum (RUB), der Hochschule Bremen und des Karlsruher Instituts für Technologie, einzellige Grünalgen als Komponente eines modularen Lebenserhaltungssystems zu untersuchen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie fördert das Projekt mit 800.000 Euro. Es ist im April 2012 gestartet und läuft drei Jahre.

Abb.: Die Grünalge Chlamydomonas in unterschiedlichen Nährmedien (Bild: RUB)

„Mit Hilfe von Lichtenergie verbrauchen Mikroalgen Kohlendioxid, setzen Sauerstoff frei und bauen Biomasse auf“, sagt Thomas Happe von der AG Photobiotechnologie der RUB. „Auf Raumstationen oder während langer Weltraumflüge sind sie damit die perfekten Begleiter des Menschen.“ Die Bochumer Algenexperten arbeiten an einem Kultivierungsverfahren für Grünalgen, das auch im Weltall stabil funktioniert. Dabei gilt es, einige Probleme zu meistern: Die Algen dürfen nicht von Bakterien befallen werden, der Bioreaktor muss möglichst ohne Kontrolle laufen und es braucht neue Konzepte für die Gasversorgung der Einzeller, zum Beispiel mit Kohlendioxid. Denn durch die fehlende Schwerkraft vermischen sich Gase und Flüssigkeiten schlechter als auf der Erde. Auch Pumpen und andere Materialien müssen extra für den Einsatz im All hergestellt werden und den strengen Sicherheitsvorschriften für die Raumfahrt entsprechen. Die Kooperationspartner aus Bremen und Karlsruhe entwickeln daher eine spezielle Steuerungseinheit für den Algenreaktor.

Algen vermehren sich ständig und wären deshalb auf Weltraumflügen eine nachwachsende Quelle für Vitamine, mit denen Astronauten das Essen anreichern können. Allerdings verbrauchen die Einzeller für ihr Wachstum Nährstoffe aus dem Kulturmedium. Im Labor ersetzt man einmal benutzte Kulturflüssigkeit, doch auf der Raumstation ist kaum Platz für literweise Nachfüllmedium. „Das Medium muss wiederverwertet werden, nachdem man Algen daraus entnommen hat“, erklärt Anja Hemschemeier, die das Projekt an der RUB mit betreut. „Dabei müssen genauso viele Nährstoffe wieder zugesetzt werden, wie vorher von den Algen verbraucht wurden. Sind es zu wenig, hungern die Zellen. Sind es zu viele, werden die Algen vergiftet.“

Abb.: Mikroskopische Aufnahme des photosynthetischen Einzellers Chlamydomonas reinhardtii, der Menschen auf Reisen zu anderen Sternen begleiten soll (Bild: RUB)

Die RUB-Wissenschaftler planen auch, das Verhalten der Miniaturpflanzen so zu steuern, dass sie genau das tun, was gerade auf der Raumstation benötigt wird. Bestimmte Zusätze zum Kulturmedium bewirken etwa eine besonders schnelle Vermehrung und somit Biomasseproduktion. Ein etwas abgespecktes Medium regt die Algen dagegen an, lichtgetrieben Sauerstoff aus Kohlendioxid zu bilden. Sowohl den Algen-Bioreaktor als auch die Steuerungseinheit perfektionieren die Kooperationspartner zunächst auf der Erde. Dann folgt der Härtetest im Airbus ZERO-G. Erst wenn Technik und Einzeller den Parabelflug überstehen, ist an längere Testphasen auf Satelliten oder gar der Raumstation ISS zu denken.

RUB / OD

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