Neuer Plasmatyp in ultrakalten Gasen
Ultrakurze Laserpulse bewirken schnelle Elektronenkühlung in expandierendem Plasma.
Materie gibt es in vier Zuständen – fest, gasförmig, flüssig und Plasma, wobei Plasma der am häufigsten vorkommende Zustand im sichtbaren Universum ist. Es besteht aus freien geladenen Teilchen wie Ionen und Elektronen. Plasmen können in einer sehr großen Bandbreite von Temperaturen und Dichten existieren, vom Sonnenkern bis hin zu Blitzen oder Flammen. Um die Plasmadynamik zu verstehen, muss man zunächst die universellen Mechanismen identifizieren, um diese dann mit einem kontrollierten Laborexperiment zu vergleichen. „Mit unserer Arbeit hoffen wir, zu einem breiteren Verständnis der grundlegenden Prozesse in extremen Plasmasystemen beizutragen, die für die experimentelle Forschung nicht direkt zugänglich sind“, sagt Erstautor Tobias Kroker aus der Arbeitsgruppe von Markus Drescher im Fachbereich Physik der Universität Hamburg.
Im Zentrum für optische Quantentechnologien der Universität Hamburg kühlen und fangen die Forscher Atome mit Laserlicht. Dabei nutzen sie das intensive Lichtfeld eines ultrakurzen Laserpulses, um Atome innerhalb von 200 Femtosekunden in Elektronen und Ionen zu zerlegen. Weil bereits die Atome eine extrem niedrige Temperatur haben, beträgt die Temperatur der Ionen weniger als 40 Millikelvin. Im Gegensatz dazu sind die Elektronen sehr heiß, mit Temperaturen um 5250 Kelvin, nahe denen an der Oberfläche der Sonne. Heiße Elektronen, die direkt durch den ultrakurzen Laserpuls erzeugt wurden, beginnen zu entweichen und lassen einen positiv geladenen Bereich zurück, der einen Teil der Elektronen in einem ultrakalten Plasma einfängt.
„Ein solcher Plasmazustand wurde bisher noch nie beobachtet", sagt Kroker. Die Forscher aus den Arbeitsgruppen von Markus Drescher und Klaus Sengstock beobachteten, dass die eingefangenen Elektronen im Plasma extrem schnell abgekühlt werden, und maßen die endgültige elektronische Temperatur. Darüber hinaus beobachteten sie, dass das Plasma einige hundert Nanosekunden lang stabil ist, was für solche Systeme sehr lang ist.
Solche ultrakalten Plasmen liefern gute Vergleichswerte für theoretische Modelle und können Einblicke in extreme Bedingungen ermöglichen, wie sie in astronomischen Objekten wie weißen Zwergen herrschen. Darüber hinaus sind die entstehenden ultrakalten Elektronen an sich als helle Quelle für die Abbildung biologischer Proben interessant.
U. Hamburg / DE