08.10.2020 • Energie

Neuer Typ eines hybriden Superkondensators

Stromspeicher vereint die Vorteile von Batterie und Kondensator.

Begrenzte Sicherheit, Nach­haltigkeit und Recycling­fähigkeit sind neben beschränkt verfügbarer Ausgangs­materialien wie etwas Kobalt zentrale Nachteile der heutigen Lithium-Ionen-Batterie­technologie. Auf der Suche nach alternativen elektro­chemischen Energiespeichern für den Einsatz in der E-Mobilität sowie für die Speicherung von Energie aus erneuerbaren Quellen ist eine Kombination aus Batterie und Kondensator viel­versprechend: der hybride Super­kondensator. Er kann ähnlich schnell geladen und entladen werden wie ein Kondensator und dabei annähernd so viel Energie speichern wie herkömm­liche Batterien. Zusätzlich kann er deutlich schneller und viel häufiger geladen und entladen werden – während eine Lithium-Ionen-Batterie eine Lebensdauer von wenigen tausend Zyklen erreicht, schafft ein Super­kondensator rund eine Million Ladezyklen. 

Abb.: Harald Fitzek, Christian Prehal und Qamar Abbas (v.l.) gewinnen mit der...
Abb.: Harald Fitzek, Christian Prehal und Qamar Abbas (v.l.) gewinnen mit der der SAXS-Anlage neue Erkennt­nisse über hybride Super­kondensatoren. (Bild: Lunghammer, TU Graz)

Eine besonders nachhaltige, bislang aber recht unerforschte Variante eines solchen hybriden Super­kondensators besteht aus Kohlenstoff und wässrigem Natriumiodid (NaI) als Elektrolyten, mit einer positiven Batterieelektrode und einer negativen Superkondensator­elektrode. Wie genau die elektrochemische Energiespeicherung in diesem Superkondensator funktioniert und was in den nanometer­großen Poren der Kohlenstoff­elektrode passiert, haben Forscher der TU Graz nun näher untersucht. „Das von uns eingehend betrachtete System besteht aus nanoporösen Kohlenstoff­elektroden und einem wässrigen Natriumiodid-Elek­trolyten, sprich aus Salzwasser. Damit ist dieses System besonders umwelt­freundlich, kostengünstig, unbrennbar und einfach zu recyceln“, führt Christian Prehal aus. 

Mithilfe von Röntgen­kleinwinkel­streuung und Raman-Spektro­skopie konnten die Forscher erstmals zeigen, dass in den Kohlenstoff­nanoporen der Batterieelektrode während der Ladung feste Iod-Nano­partikel entstehen, die sich bei der Entladung wieder auflösen. Das wiederspricht dem bislang vermuteten Reaktions­mechanismus und hat weitreichende Konsequenzen, wie Christian Prehal erklärt: „Nur auf Grund der Kleinheit der Nanoporen von weniger als einem Nanometer bleibt das feste Iod stabil. Der Füllgrad mit festem Iod bestimmt dabei, wieviel Energie in der Elektrode gespeichert werden kann. Damit kann die Energiespeicher­kapazität der Iod-Kohlenstoff­elektroden ungeahnt hohe Werte erreichen, indem sämtliche chemische Energie in den festen Iodpartikeln gespeichert wird.“

Dieses neue grundlegende Wissen eröffnet Wege zu hybriden Superkonden­satoren oder Batterie­elektroden mit unvergleichlich höherer Energie­dichte bei äußerst schnellen Lade- und Entlade­vorgängen. Derartige Hybrid­kondensatoren werden von Qamar Abbas, derzeit Lise-Meitner-Stipendiat des FWF am Institut für Chemische Techno­logie von Materialien seit einigen Jahren sehr erfolgreich untersucht und weiter­entwickelt. Hybride Super­kondensatoren können nun mit gezielten Verbesserungen in die Anwendung gebracht werden: als sichere, nicht entflammbare, kosten­günstige und nach­haltige Alternative für die stationäre Speicherung elek­trischer Energie. Vor allem für die Speicherung von beispiels­weise Energie aus Photo­voltaik in privaten Haushalten kann das eine attraktive Option sein.

Ein weiterer Erfolg gelang den Forschern in Bezug auf die verwendeten Untersuchungs­methoden: Bei der Raman-Spektroskopie wird die Wechselwirkung von Licht mit Materie genutzt, um Einblick in den Aufbau oder die Eigenschaften eines Materials zu bekommen. Die Kleinwinkel-Röntgen­streuung (SAXS; small-angle x-ray scattering) macht strukturelle Veränderungen während elektro­chemischer Reaktionen sichtbar. Beide Methoden fanden während des Ladens- und Entladens einer eigens dafür entwickelten elektro­chemischen Zelle. „Sowohl operando Raman-Spektro­skopie also auch operando SAXS wurden erstmals an einem hybriden Super­kondensator mit wässrigem NaI-Elektrolyt durchgeführt, und zwar am Felmi Zentrum für Elektronen­mikroskopie Graz und im Soft Matter Application Lab an der TU Graz. Für die operando SAXS-Untersuchung haben wir eigens eine Messzelle für Batterien und elektro­chemische Energiespeicher entwickelt“, erklärt Prehal. Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass operando SAXS bestens geeignet ist, um strukturelle Änderungen in einem Superkondensator oder einer Batterie auf der Nanometer­skala und direkt während des Ladens und Entladens live zu verfolgen. Diese neue Untersuchungs­methode könnte daher künftig breiten Einsatz im Bereich elektro­chemischer Energie­speicher finden. 

TU Graz / JOL

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