15.10.2018

Nicht immer ist alles dort, wo es zu sein scheint

Welleneffekt führt zu Messfehlern bei Positions­bestim­mungen von Objekten.

Mit modernen optischen Bildgebungsverfahren lassen sich heute selbst Nano­objekte gut ver­messen. Diese Tech­niken werden im Labor zum Beispiel auch dazu ver­wendet, die räumliche Positio­nie­rung von Atomen in einem Quanten­experi­ment zu bestimmen. „Wir wollen die Position unserer Quanten­bits sehr genau kennen, damit wir diese mit Lasern mani­pu­lieren und messen können“, erklärt Gabriel Araneda von der Uni Inns­bruck. In Zusammen­arbeit mit Forschern von der TU Wien und dem Institut für Quanten­optik und Quanten­infor­ma­tion in Wien konnten Araneda und seine Kollegen jetzt nach­weisen, dass es zu einem systema­tischen Mess­fehler kommen kann, wenn die Position eines Objekts bestimmt wird, das ellip­tisch polari­siertes Licht aus­sendet.

Abb.: Die spiralförmige Wellenfront des ellip­tisch polari­sierten Lichts trifft leicht schief auf die Linse, wodurch der Ein­druck ent­steht, die Quelle des Lichts liege etwas abseits seiner tat­säch­lichen Position. (Illu­stra­tion: H. Ritsch, IQOQI)

„Die elliptische Polarisation erzeugt eine spiralförmige Wellen­front des Lichts, die leicht schief auf die Abbil­dungs­optik fällt. Dadurch ent­steht der Ein­druck, die Quelle des Lichts liege etwas abseits seiner tat­säch­lichen Position“, erklärt Team-Mitglied Yves Colombe. Rele­vant könnte das zum Beispiel in der bio­medi­zi­nischen Forschung sein, wo zur Bestim­mung von bio­lo­gischen Struk­turen fluores­zie­rende Proteine oder Nano­teil­chen als Marker ver­wendet werden. Der jetzt nach­ge­wiesene Effekt würde zu einem ver­zerrten Abbild der tat­säch­lichen Struk­turen führen.

Bereits vor über achtzig Jahren hat der Physiker Charles G. Darwin, ein Enkel des britischen Natur­forschers Charles Darwin, diesen Effekt vorher­gesagt. Mehrere theore­tische Arbeiten hatten dessen Ver­mutung inzwischen theore­tisch unter­mauert. Jetzt ist es ers­tmals gelungen, den Wellen­effekt im Experi­ment ein­deutig nach­zu­weisen – und das gleich zwei­mal: An der Uni Inns­bruck ermit­telten die Forscher die Position eines ein­zelnen Barium­atoms, das in einer Ionen­falle gefangen war, durch Einzel­photonen­emission. Und Wissen­schaftler an der TU Wien bestimmten die Position eines winzigen, etwa hundert Nano­meter großen Gold­kügel­chens, in dem sie das von ihm gestreute Licht analy­sierten. In beiden Fällen zeigte sich eine Diffe­renz zwischen der beob­ach­teten und der tat­säch­lichen Posi­tion der Teil­chen.

„Die Abweichung ist von der Größenordnung der Wellenlänge des Lichts, was in vielen Anwen­dungen einem erheb­lichen Mess­fehler ent­sprechen würde“, sagt Team-Mitglied Stefan Walser. „Die hoch­auf­lösende Licht­mikro­skopie zum Beispiel ist heute bereits weit in den Nano­meter­bereich vor­ge­drungen, während dieser Effekt zu Fehlern von mehreren hundert Nano­metern führen kann.“ Dass dieser grund­legende systema­tische Fehler in diesen Anwen­dungen eine Rolle spielt, halten die Wissen­schaftler für sehr wahr­schein­lich, muss aber erst noch in eigenen Studien belegt werden. Die Forscher gehen auch davon aus, dass sich der Effekt nicht nur bei Licht­quellen zeigt, sondern dass zum Beispiel auch Radar- oder Sonar­messungen davon betroffen sind. Selbst bei der Positions­bestim­mung von astro­no­mischen Objekten mit Hilfe von Gravita­tions­wellen könnte der Effekt eine Rolle spielen.

U. Innsbruck / RK

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