Oberflächen auf den Zahn gefühlt
Kombinierte Rasterkraftmikroskopie und Röntgen-Photoelektronenspektroskopie verbessert Analyse rauer Siliziumoberflächen.
Eine neue Methode zur Analyse rauer Siliziumoberflächen kombiniert Rasterkraftmikroskopie (AFM) und Röntgen-Photoelektronenspektroskopie (XPS). Fehler, die durch Oberflächenrauheit entstehen, sind so besser zu korrigieren. Besonders bei Black Silicon, einer speziellen, nanostrukturierten Siliziumoberfläche, die häufig in der Photovoltaik verwendet wird, liefert die Methode präzisere Ergebnisse. Diese Entwicklungen sind bedeutsam für die Erforschung und Anwendung nanostrukturierter Materialien.

Die Kombination von Rasterkraftmikroskopie (AFM) und Röntgen-Photoelektronenspektroskopie (XPS) stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Oberflächencharakterisierung dar. XPS ist eine etablierte Methode zur Bestimmung der chemischen Zusammensetzung von Oberflächen. Bei rauen Oberflächen wie Black Silicon wird die XPS-Analyse jedoch durch die unterschiedlichen Emissionswinkel der Photoelektronen verfälscht, was zu einer starken Überschätzung der wahren Schichtdicken führen kann. Auf der glatten Oberfläche wird das Photoelektron senkrecht zur Oberfläche und zur Oxidschicht emittiert, während auf der rauen Oberfläche die Oberflächenneigung relativ zum Detektor zu einem längeren Weg des Photoelektrons durch das Oxid führt.
Die resultierenden XPS-Spektren sind für raue Oberflächen also verfälscht, was in der Analyse eine zu hohe Oxidschichtdicke zur Folge hat. Um diese Fehler zu korrigieren, hat das Team um Karin Jacobs im Fachbereich Physik der Universität des Saarlandes eine Methode entwickelt, die AFM-Messungen nutzt, um die Oberflächentopografie genau zu bestimmen und diese Informationen in die Analyse der XPS-Daten einzubeziehen.
Besonders wichtig ist diese Methode für die Analyse von Black Silicon, einer speziellen Siliziumoberfläche, die durch gezielte Ätzverfahren eine nanostrukturierte, hochraue Oberfläche erhält. „Diese Rauheit reduziert die Lichtreflexion und erhöht die Lichtabsorption, was Black Silicon für Anwendungen in der Photovoltaik besonders interessant macht“, erläutert Frank Müller, der XPS-Experte des Teams. Die neue Methode ermöglicht es nun, die Dicke der Oxidschicht auf Black Silicon mit einer bisher unerreichten Genauigkeit zu bestimmen.
Die Wissenschaftler nutzten eine neuartige geometrische Analyse des vom AFM gelieferten Topographiebildes der Oberfläche. „Sogenannte Minkowski-Tensoren erlauben es, die lokale Neigung der Oberfläche genau zu bestimmen und diese Informationen aus dem AFM in die Auswertung der XPS-Spektren einzubeziehen“, legt der Kooperationspartner des Saarbrücker Teams, Michael Klatt, dar, theoretischer Physiker am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Ulm beziehungsweise Köln. „Auf diese Weise werden die Verzerrungen durch die Oberflächenrauheit korrigiert, und die Oxidschichtdicke kann viel präziser ermittelt werden“, führt Jens Uwe Neurohr aus, der auf diesem Gebiet promoviert.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Oxidschicht auf Black Silicon nur etwa fünfzig bis achtzig Prozent dicker ist als die native Oxidschicht auf einem herkömmlichen Siliziumwafer. Ohne die Korrektur durch die AFM-Daten wäre ein Wert von etwa 300 Prozent ermittelt worden, also eine massive Überschätzung der tatsächlichen Gegebenheiten.
Diese Kombination von Methoden ist besonders wertvoll für die Materialforschung, da sie eine genauere Charakterisierung von Oberflächen ermöglicht, die durch Nanostrukturierung oder Rauheit komplexe Geometrien aufweisen. „Dies ist aber nicht nur für die Photovoltaik, sondern auch für andere Anwendungen von großem Interesse, bei denen die Oberflächenbeschaffenheit und die chemischen Eigenschaften von entscheidender Bedeutung sind“, sagt Karin Jacobs über die grundlegende Bedeutung dieser Verbesserungen. „Die genaue Bestimmung von Schichtdicken auf nanorauen Oberflächen stellt eine große Herausforderung dar. Mit unserer neuen Methode können wir nun diese Herausforderung meistern und präzisere Ergebnisse liefern, was vor allem für die Entwicklung von High-Tech-Materialien von enormer Bedeutung ist“, ergänzt Frank Müller.
U. Saarland / DE