13.02.2024

Offshore-Windparks werden immer wirtschaftlicher

EU-Projekt Floatech optimiert den Einsatz schwimmender Windräder.

Die Technologie der schwimmenden Offshore-Windenergie­anlagen hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Offshore-Turbinen werden sie auf schwimmenden Plattformen gebaut, die mit Ankerleinen im Meeresgrund befestigt werden. Sind feststehende Offshore-Windkraft­anlagen auf eine Tiefe von circa 50 bis 60 Metern Tiefe beschränkt, unterliegen schwimmende (floating) Windräder dieser Limitierung nicht. Das hat den Vorteil, dass Standorte mit idealen Windverhält­nissen nahezu unabhängig von der Meerestiefe erschlossen werden können. Die Motivation, unabhängig von der Meerestiefe zu sein, beruht darauf, dass achtzig Prozent der Wind­ressourcen auf hoher See bei einer Meerestiefe von über sechzig Metern liegen. Die Techno­logie der schwimmenden Windräder ist damit besonders für Staaten mit steilen Küsten­abschnitten wie Spanien, Portugal, Japan und den USA relevant und öffnet ein Tor, um auch hier Offshore-Windparks zu bauen.


Abb.: Ein Prototyp der schwimmenden Windturbine „Floatgen“ aus der...
Abb.: Ein Prototyp der schwimmenden Windturbine „Floatgen“ aus der Vogelperspektive.
Quelle: V. Joncheray, BW Ideol

Zusätzlich sind die Auswirkungen der schwimmenden Windräder auf die Umwelt geringer. Es müssen keine Beton­fundamente in den Meeresboden eingelassen werden, was mit erheblichen Lärmemissionen und Sediment­schäden verbunden ist, und sie können nach dem Ende ihrer Lebensdauer rückstandsfrei entfernt werden. Die Anlagen können zudem weiter von den Küsten entfernt installiert werden und sind somit weniger dem Gegenwind, also Protesten der Küstenbevölkerung ausgesetzt. Trotz der vielen Vorteile haben jedoch erst wenige Projekte den Pilotstatus überschritten. Der wohl größte derzeitige schwimmende Windpark steht vor der Küste Norwegens – Hywind Tampen, elf Windräder mit einer installierten Leistung von 88 Megawatt. Die Hauptgründe für den Pilotstatus vieler Projekte sind die noch relativ unausgereiften Konzepte der schwimmenden Trag­strukturen und die damit verbundenen Gesamtkosten. Die Hafen­infrastruktur weltweit, insbesondere in Europa, benötigt massive Investitionen, um die riesigen Windräder mit einem angestrebten Rotor­durchmesser von 240 bis 260 Metern zu bauen und mit einem Schleppschiff an den vorgesehenen Standort zu schleppen. Außerdem steigen die Anfor­derungen an die Windturbinen selbst, da sie nun durch Wellen und Windanregung ständig in Bewegung sind und sich daraus eine größere Beanspruchung aller Komponenten ergibt, was wiederum die Kosten treibt.

Das Projekt Floatech, das von der TU Berlin unter der Leitung von Navid Nayeri koordiniert und von 2020 bis 2023 im Horizon2020-Programm der EU in einer ersten Phase gefördert wurde, hatte einige Ziele erfolgreich umgesetzt: Die Entwicklung einer effizienten und präzisen Software, die alle relevanten Aspekte von schwimmenden Windanlagen berechnen kann. Anwendung und Analyse von Regelungs­strategien, die speziell auf das Umfeld von schwimmenden Windkraft­anlagen angepasst sind und die Effizienz erhöhen, beziehungs­weise die Belastungen der Struktur reduzieren können. Und die Entwicklung eines Kostenanalyse-Tools, um potentielle Kosten­einsparung durch die Regelungs­strategien zu evaluieren.

Grundlage für die Software, die alle relevanten Aspekte von schwimmenden Windanlagen berechnen kann, war die Simulationssoftware QBlade. Ihre Weiter­entwicklung durch das Fachgebiet Experi­mentelle Strömungsmechanik stand im Mittelpunkt des Projekts Flaotech. QBlade wurde erweitert, um alle komplexen physikalischen Phänomene und deren Interaktionen rund um schwimmende Windenergie­anlagen abzudecken. Solch eine Software ist essentiell, um zum Beispiel speziell auf schwimmende Turbinen zugeschnittene Regelungs­strategien – also das Regeln der Turbinen­leistung durch Anpassung der Drehzahl und Rotation der Turbinen­blätter um die eigene Achse – erforschen und exakte Kostenanalysen durchführen zu können.

Dazu wurde ein hydrodynamisches Modul namens QBlade-Ocean entwickelt. QBlade-Ocean ermöglicht, die Simulation verschiedenster Wellen­zustände und berechnet die dominierenden hydrodynamischen Kräfte, um die Interaktion zwischen schwimmender Windkraftanlage und ihrer Umgebung (Wellen, Meeresgrund, Wind) analysieren zu können. Dadurch, dass QBlade zuvor bereits alle Voraus­setzungen erfüllte, um Onshore-Windkraft­anlagen zu simulieren, entsteht durch die Kopplung des neuen Moduls eine Simulationssoftware, die für wissen­schaftliche und industrielle Anwendungen im Bereich schwimmender Windkraft­anlagen geeignet ist.

QBlade wurde von Forschern an der TU Delft verwendet, um innovative Regelungs­strategien speziell für schwimmende Windkraft­anlagen zu entwickeln und sie zu perfektionieren (Active Wake Mixing). Diese Strategien zielen darauf ab, die schwimmende Bewegung so auszunutzen, dass ein Windrad, das in einem Windpark je nach Windrichtung auch einmal hinter einem anderen stehen kann, nur wenig Einbußen bei der Wind­geschwindigkeit hinnehmen muss. Dadurch soll die jährliche Energie­produktion von Windparks erhöht werden. QBlade ermöglicht eine umfassende Vorhersage des Einflusses dieser Strategien auf die Dynamik des schwimmenden Systems, die Lasten und die Turbinen-Nachlauf-Interaktion.

Ein weiterer vielversprechender Ansatz zur Verbesserung der wirt­schaftlichen Realisier­barkeit von schwimmenden Wind­technologien wurde im Rahmen einer Kooperation zwischen NextOcean, der TU Delft und der TU Berlin verfolgt: Die Idee ist, Wellen und ihre Wellenkräfte vorherzusagen, bevor sie eine schwimmende Plattform treffen. Realisiert wird dies durch ein Radar, das die Wellen­amplituden misst. Parallel laufende Algorithmen werten diese Informationen aus und sagen die Kräfte sowie daraus resultierend die Bewegung der schwimmenden Plattform voraus. „Für schwimmende Windkraft­anlagen könnte diese Technologie ein Durchbruch sein, da anhand dieser Informationen die Bewegung der Anlage und damit Lasten oder Leistungs­fluktuationen reduziert werden könnten”, erklärt Robert Behrens de Luna, Projektmanager von Floatech. QBlade spielt dabei eine Schlüsselrolle in der Entwicklung, indem es eine Schnittstelle für die Übertragung der Wellen­vorhersagedaten an den Windturbinen­regler bereitstellt und so die Wirksamkeit des Gesamt­konzepts untersucht werden kann.

TU Berlin / JOL

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