23.12.2020

Ozonloch mit Sommer-Rekord

Das Ozonloch über der Antarktis erreicht aufgrund ungewöhnlicher Windverhältnisse eine riesige Ausdehnung.

Das Ozonloch über der Antarktis war Anfang Dezember so groß wie noch nie zu dieser Zeit. Es nahm eine Fläche von etwa 18 Millionen Quadrat­kilometern ein. Damit überragte es die Landfläche der gesamten Antarktis (etwa 14 Millionen Quadrat­kilometer) erheblich. Es handelt sich um das extremste Ausmaß für diese Jahreszeit in den letzten 41 Jahren. Seitdem erfassen die Atmosphären­forscher im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) die Daten. Eigentlich sollte das Ozonloch über der Südhalbkugel im Dezember schon so gut wie verschwunden sein. Denn in der Antarktis beginnt der Sommer: Mit dem Sonnen­schein am Polartag ändern sich normalerweise die Druck- und Wind­verhältnisse, die das Ozonloch spätestens Anfang November in sich zusammenfallen lassen.

 

Abb.: Ozon-Entwicklung über der Antarktis (Bild: DLR / BIRA / ESA)
Abb.: Ozon-Entwicklung über der Antarktis (Bild: DLR / BIRA / ESA)

Aber nicht in diesem Jahr, wie die Wissenschaftler im Deutschen Fern­erkundungs­daten­zentrum (DFD) des DLR festgestellt haben. Die Ausprägung des Ozonlochs über dem Südpol wird durch einen polaren Wirbel bestimmt, der vom Boden aus fünfzig Kilometer hoch in die Stratosphäre reicht. „Man kann sich diesen Wirbel als ein großes Tiefdruckgebiet in der Stratosphäre vorstellen“, erklärt Lisa Küchelbacher vom DFD. „Ein sehr starker Westwind am Rand des polaren Wirbels verhindert in der Kälte der Polarnacht größtenteils den Luftmassen­austausch zwischen Äquator und Pol.“ Wenn im Frühling am Südpol langsam die Sonne aufgeht und Energie liefert, beginnt der Ozonabbau im polaren Wirbel durch eine chemische Reaktion. Mit zunehmender Wärme lässt der Westwind nach. Letztlich kehren sich die Windverhältnisse um und das Ozonloch wird kleiner. „Die Umstellung von West- auf Ostwindsystem hat erst sehr spät stattgefunden“, sagt Lisa Küchelbacher. „Möglicherweise lag dies an der diesmal ungewöhnlich starken Ausbildung des polaren Wirbels auf der Süd­halbkugel.“

Die Ursache dafür ist wiederum eine ungewöhnliche atmosphären­physikalische Situation, die sich durch die Schwäche der planetaren Wellen auszeichnet. Diese sorgen in der Stratosphäre für den Luftaustausch zwischen den Polargebieten und den mittleren Breiten. Sie lassen den polaren Wirbel schwanken und beeinflussen den Wind. Wegen der geringen Aktivität der Wellen blieb der polare Wirbel aber kreisrund über dem Südpol. Erst ab dem 5. Dezember nahm die Aktivität der Wellen zu, was nun einen Wechsel auf die südpolaren Sommer­bedingungen eingeleitet hat.

Möglicherweise beeinträchtigt eine besondere Situation im Pazifik die planetaren Wellen: In Äquatornähe spielt sich die El-Niño-Southern-Oscillation (ENSO) ab, die alle drei bis sieben Jahre weltweit die Dynamik beeinflusst. Der Mechanismus ist zurückzuführen auf eine Kopplung zwischen Ozean und Atmosphäre. Die Oberfläche des Pazifiks ist vor der Westküste Lateinamerikas gerade besonders kalt. Das heißt, der Ozean liefert wenig Energie für die planetaren Wellen. „Es könnte also sein, dass der polare Wirbel in der süd­hemisphärischen Stratosphäre auch durch den Einfluss von ENSO so stabil war. Das kann die Ausbildung des Ozonlochs besonders begünstigt haben“, erklärt Lisa Küchelbacher. Im Frühjahr 2020 gab es auf der Nordhalbkugel ebenfalls einen außergewöhnlich starken und stabilen Polarwirbel: Auch im März wurden Rekordwerte gemessen. Ob ein Zusammenhang mit den aktuellen Werten über der Antarktis besteht, ist noch unklar.

DLR / DE

 

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