05.07.2018

Photolektronenspektrometer entschlüsselt quantenmechanische Effekte

Revolutionäre Technologie ermöglicht Messungen mit Raten im Mega­hertz-Bereich.

Unser Blick ist auf das Makroskopische beschränkt: Schauen wir auf einen Gegen­stand, so sehen wir ledig­lich seine Ober­fläche. Auf der Nano­skala würde sich ein gänz­lich anderes Bild ergeben, eine Welt aus Atomen, Elek­tronen und Elek­tronen­bändern, in der die Quanten­mechanik regiert. Fest­körper­physiker und Material­ent­wickler haben ein großes Inte­resse daran, diese klein­sten Bau­steine von Materi­alien näher zu unter­suchen. Etwa bei elek­tro­nischen Schalt­kreisen, die mit­unter so miniatu­ri­siert sind, dass sich bereits quanten­mecha­nische Effekte bemerk­bar machen.

Abb.: Edelgasbefüllte Druckkammer mit licht­füh­render Hohl­kern­faser. Das Gas und das Licht inter­agieren mit­ein­ander. Die Folge: Das optische Spektrum ver­brei­tert sich, die Pulse werden kürzer. (Bild: W. Oppel, Fh.-IOP)

Die Photoelektronenspektroskopie ermöglicht einen solchen Blick auf die Atome, ihre energe­tischen Zustände und ihre Elek­tronen. Das Prinzip: Man schießt mit einem Laser hoch­energe­tische Photonen auf die Ober­fläche des zu unter­suchenden Fest­körpers, beispiels­weise einen elek­trischen Schalt­kreis. Das hoch­energe­tische Licht schlägt Elek­tronen aus dem Atom­ver­bund heraus. Je nach­dem, in welchem energe­tischen Band sich die Elek­tronen befinden, gelangen sie schneller oder lang­samer zum Detektor. Über die Lauf­zeit, die die Elek­tronen bis zum Detektor brauchen, können Material­ent­wickler Rück­schlüsse auf die energe­tischen Zustände der Elek­tronen­bänder und die Struktur des Atom­ver­bunds im Fest­körper ziehen.

Die Elektronen müssen dazu alle gleichzeitig starten, ansonsten kann man die Lauf­zeit nicht analy­sieren. Einen solchen gemein­samen Start erreicht man durch eine gepulste Laser­strah­lung. Üblicher­weise arbeiten die Laser im Kilo­hertz-Bereich, sie geben also einige Tausend Laser­licht­pulse pro Sekunde ab. Das Problem: Setzt man mit einem Puls zu viele Elek­tronen gleich­zeitig frei, stoßen sich diese gegen­seitig ab – sie lassen sich dann nicht mehr ver­messen. Also regelt man die Leistung des Lasers herunter. Um dennoch genügend Elek­tronen zu ver­messen und eine ver­läss­liche Aus­sage treffen zu können, muss man ent­sprechend lange Mess­zeiten ein­planen. Das ist mit­unter kaum prak­ti­kabel: Proben und Strahl­quellen­para­meter lassen sich über einen solchen langen Zeit­raum nicht aus­reichend stabil halten.

Forscher der Fraunhofer-Institute für angewandte Optik und Fein­mechanik und für Laser­technik haben gemein­sam mit ihren Kollegen vom MPI für Quanten­optik erst­mals ein Photo­elek­tronen­spektro­meter ent­wickelt, das nicht im Kilo­hertz-Bereich, sondern bei 18 Mega­hertz arbeitet. Das heißt: Es treffen mehrere Tausend Mal mehr Pulse auf die Ober­fläche als in her­kömm­lichen Spektro­metern. Das wirkt sich drastisch auf die Zeit aus, die für eine solche Messung benötigt wird. „Messungen, die vorher fünf Stunden gedauert haben, führen wir nun in zehn Sekunden durch“, sagt Oliver de Vries vom Fraun­hofer-IOF.

Abb.: Hauptverstärkerstufen des Faserlasersystems: Hier werden hohe Pulsenergien erzeugt. (Bild: M. Plötner & W. Oppel, Fh.-IOF)

Das entwickelte Spektrometer besteht aus drei Hauptkomponenten: dem Ultra­kurz­puls-Laser­system, dem Über­höhungs­reso­nator und der Proben­kammer mit dem eigent­lichen Spektro­meter. Als Aus­gangs­laser ver­wenden die Forscher einen phasen­stabilen Titan-Saphir-Laser. Seinen Laser­strahl ver­ändern sie in der ersten Kompo­nente: Durch Vor­ver­stärker und Ver­stärker schrauben sie die Leistung von 300 Mikro­watt auf 110 Watt hoch. Zum anderen ver­kürzen sie die Pulse. Dazu wenden die Forscher einen Trick an: Sie schicken den Laser­strahl mehrere zehn Male durch einen Fest­körper, der das Spektrum ver­breitert. Schiebt man diese so erzeugten neuen Frequenz­anteile des Pulses nun wieder zusammen – kombi­niert man also alle Frequenzen phasen­richtig – ver­kürzt sich die Puls­dauer. „Zwar war dieses Ver­fahren bereits vorher bekannt, aller­dings konnte man die Puls­energie, die wir hier brauchen, vorher noch gar nicht kompri­mieren“, sagt Peter Rußbüldt vom Fraun­hofer-ILT.

Das Laserlicht, das die erste Komponente verlässt, hat bereits eine sehr kurze Puls­dauer. Die Energie seiner Photonen reicht aller­dings noch nicht aus, um Elek­tronen aus dem Fest­körper heraus­zu­schlagen. In der zweiten Kompo­nente steigern die Forscher die Photonen­energie und ver­kürzen die Puls­dauer der Laser­strahlen daher aber­mals in einem Reso­nator. Spiegel lenken das Laser­licht im Reso­nator mehrere hundert Male im Kreis herum. Jedes Mal, wenn das Licht den Anfangs­punkt erneut passiert, wird es mit frischer Laser­strahlung aus der ersten Kompo­nente über­lagert – und zwar so, dass sich die Leistung der beiden Strahlen addiert. Diese im Reso­nator ein­ge­sperrte Strahlung erreicht so große Inten­si­täten, dass in einem Gasjet Erstaun­liches passiert – hoch­energe­tische XUV-Atto­sekunden­pulse mit einem Viel­fachen der Frequenz des Laser­strahls werden erzeugt.

Mit einem weiteren Trick bekommen die Forscher des Fraun­hofer-ILT die hoch­energe­tischen XUV-Atto­sekunden­pulse wieder aus dem Reso­nator heraus. „Wir haben einen spezi­ellen Spiegel ent­wickelt, der zum einen die hohen Leistungen aus­hält, zum anderen ein winzig kleines Loch in der Mitte auf­weist“, erläutert Rußbüldt. Das Strahlen­bündel der erzeugten hohen Harmo­nischen ist kleiner als das der anderen umlau­fenden Wellen. Während die weniger energe­tischen Licht­strahlen weiter­hin auf den Spiegel treffen und im Kreis gelenkt werden, ist das hoch­energe­tische Strahlen­bündel so schlank und schmal, dass es durch das Loch in der Mitte des Spiegels hin­durch­schlüpft, die zweite Kompo­nente ver­lässt und in den Proben­raum in der dritten Kompo­nente umge­lenkt wird.

Ein Prototyp des Photoelektronenspektrometers ist bereits fertig. Er befindet am MPI für Quanten­optik, wird dort für Unter­suchungen genutzt und gemein­sam mit den Forschern der Fraun­hofer-Institute weiter opti­miert.

FG / RK

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