25.11.2016

Photonen im Gleichklang

Erstmals gelingt die Erzeugung eines Schrödinger-Katzen-Zustands mit zehn räumlich getrennten Photonen.

Verschränkte Photonen sind ein begehrtes Gut. Nicht nur Quanten­computer benötigen möglichst viele von ihnen auf einmal. Auch für Experimente zur Quanten­teleportation, für Quanten­simulationen wie das „boson sampling” oder für Algo­rithmen zur Quanten­fehler­korrektur sind sie vonnöten. Bislang stand der Rekord für die Anzahl verschränkter Photonen, den eine chi­nesische Forscher­gruppe erzielt hatte, bei acht. Dieselbe Forscher­gruppe hat diese Zahl noch einmal um zwei nach oben schrauben können. Dank eines ausgeklügelten expe­rimentellen Aufbaus gelang es den Forscher um Jian-Wei Pan vom Hefei National Labo­ratory for Physical Sciences at the Micro­scale, mehrere Schwach­stellen bisheriger Verfahren so zu verbessern, dass sie nun zehn Photonen miteinander verschränken konnten.

Abb.: Der gepulste UV-Laser trifft der Reihe nach auf fünf BBO-Sandwich-Kristalle und erzeugt dabei fünf verschränkte Photon-Paare. (Bild: X.-L. Wang et al.)

Das Mittel der Wahl zur Erzeugung ver­schränkter Photonen ist die para­metrische Fluoreszenz (spontaneous parametric down-conversion). Dabei schießt man einen Laserpuls in einen nicht­linearen Kristall, wobei sich ein Photon in zwei Photonen niedrigerer Frequenz umwandeln kann. Ein Problem bei der Erzeugung mehrerer mit­einander verschränkter Photonen liegt hierbei darin, dass die Photonen möglichst in einer einzigen räum­lichen Mode auftreten sollten – denn sonst würde der Sammel­wirkungsgrad abnehmen und die Verschränkung hinreichend vieler Photonen sehr viel länger dauern bzw. unmöglich werden.

Die Wissen­schaftler entwickelten deshalb einen Aufbau, mit dem sie diese Schwierig­keit lösen konnten. Anstelle einzelner Beta-Barium-Borat-Kristalle (BBO) nutzten sie eine spezielle Sandwich-Struktur, die aus zwei identisch geschnit­tenen, zwei Mill­imeter dicken BBO-Kristallen und einem dazwischen­liegenden λ/2-Plättchen bestand. Damit ließen sich die Pola­risations-verschränkten Photonen mit den gewünschten räumlichen Eigen­schaften erzeugen.

Als Quelle nutzten die Forscher einen ultra­violetten, gepulsten Pumplaser mit einer Leistung von 0,57 Watt. Insgesamt fünf BBO-Sandwich-Strukturen durchlief der UV-Laserpuls hinter­einander, wobei die ent­stehenden Photonen­paare anschließend durch polari­sierende Strahl­teiler mit­einander kombiniert wurden. Die Wegstrecke zwischen ihnen passten die Forscher genau an, damit die Photonen zur gleichen Zeit an den Strahl­teilern ankamen. Die Ununter­scheidbarkeit der Photonen erreichte dabei Spitzen­werte von 91 Prozent. Dies ist notwendig, denn jede zeitliche oder räumliche Information, die ein einzelnes Photon in sich trägt, könnte den Ursprung des Photons verraten und dadurch die Fähigkeit zur Inter­ferenz stören.

Dank des beschrie­benen Aufbaus gelang es den Forschern, den Sammel­wirkungsgrad auf siebzig Prozent zu erhöhen. Dadurch konnten sie im Vergleich zu früheren Expe­rimenten mit acht ver­schränkten Photonen bei deutlich niedrigerer Pump­leistung eine vierfach bessere Rate bei der Erzeugung ver­schränkter Photonen erreichen. So entstand schließlich ein Schrö­dinger-Katzen-Zustand aus zehn Photonen. Diesen Verschränkungs­zustand bestimmten die Forscher mit einer Signi­fikanz von 7,2 Sigma.

Dabei führten sie den Versuch auch mit unter­schiedlich hoher Pumpleistung durch. Erhöhten sie etwa die Leistung des Eingangs­lasers auf 0,7 Watt, so erhielten sie zwar auch mehr Photonen­paare – aber die Güte des Signals nahm soweit ab, dass sich eine Zehn-Photon-Ver­schränkung nicht mehr klar nach­weisen ließ.

Welche Techno­logie in Zukunft das Rennen um die beste Quanten­computer-Architektur machen wird, ist derzeit aber durchaus noch offen. Als viel­versprechend gelten nicht nur Photonen, sondern auch supra­leitende Qubits oder auch Ionen in magne­tischen Fallen. Die Anzahl an Qubits, die man bislang mit diesen Techniken realisieren kann, ist aber bei allen noch eher gering: Bei Ionen ist es gelungen, immerhin schon 14 mit­einander zu verschränken, bei Photonen sind es jetzt zehn, bei supra­leitenden Qubits erst fünf.

Die Ver­schränkung von zehn Photonen ist zwar ein wichtiger Schritt hin zur Quanten­informations­verarbeitung der Zukunft. Noch ist der Weg aber weit. Für erste sinnvolle Anwendungen wie etwa das „boson sampling” benötigt man rund zwanzig bis dreißig mit­einander verschränkte Photonen. Und dies stellt noch keinen frei pro­grammierbaren Quanten­computer dar, sondern lediglich ein Quanten­modell, mit dem sich eine bestimmte Art von Problemen lösen lässt.

Mit zehn verschränkten Photonen kann man aber bereits Algo­rithmen zur Quanten-Fehler­korrektur nutzen. So benötigt das nach Peter Shor auch Shor-Code benannte Verfahren insgesamt neun Quanten­bits. Der Shor-Code verschlüsselt ein logisches Qubit in neun physi­kalische Qubits und ermöglicht es dadurch, beliebige Fehler an einem einzelnen Qubit aufzu­finden und zu korri­gieren. Eine weitere interessante An­wendung wäre die Über­tragung von Quanten­information von einer Boden­station zu Satelliten.

Dirk Eidemüller

JOL

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