Platincluster optimieren Katalyse
Neues Sonderforschungsbereich widmet sich einem ganzheitlichen Verständnis katalytischer Prozesse.
Heterogene Katalysatoren aus Edelmetallclustern und -partikeln spielen eine große Rolle in chemischen Prozessen und können schädliche Emissionen wirksam reduzieren. Allerdings sind sie viel dynamischer als bislang gedacht, und viele der auftretenden Effekte sind noch nicht ausreichend verstanden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert nun einen neuen Sonderforschungsbereich am Karlsruher Institut für Technologie, der auf ein ganzheitliches Verständnis der katalytischen Prozesse zielt: „TrackAct – Verfolgung der aktiven Zentren in heterogenen Katalysatoren für die Emissionskontrolle“.
„Leistungsfähige Katalysatoren haben für viele Bereiche herausragende Bedeutung, für die industrielle Produktion genauso wie für Energieversorgung und Mobilität. Die Einrichtung des neuen Sonderforschungsbereichs unterstreicht die hohe Relevanz der Forschung für Gesellschaft und Umwelt am KIT“, sagt der Präsident des KIT, Holger Hanselka. Die KIT-Forscher werden nun maximal zwölf Jahre lang gefördert. Sprecher des neuen SFB „TrackAct“ ist Jan-Dierk Grunwaldt. In dem SFB forschen 19 Wissenschaftler des KIT zusammen mit vier Kollegen an der TU München und am Deutschen Elektronen-Synchrotron in Hamburg. „Die komplexe Thematik dieses interdisziplinären Sonderforschungsbereichs hat große Bedeutung für die Energie und Mobilität der Zukunft und damit auch für unsere Umwelt und Gesundheit“, sagt der Vizepräsident für Forschung des KIT, Oliver Kraft.
Edelmetalle wie Platin, Palladium oder Rhodium besitzen eine außerordentlich große Bedeutung in der Katalyse – sie sind beispielsweise wichtig bei der Produktion von Feinchemikalien oder zur Entfernung von gasförmigen Schadstoffen. Emissionen entstehen in Industrie und Gewerbe, in Haushalten sowie allgemein bei Verbrennungen. Die Vision des SFB „TrackAct“ ist es, Edelmetall-Katalysatoren atompräzise zu designen und ihre Struktur oder das aktive Zentrum im Reaktor detailgenau zu verfolgen und zu steuern, auch in technisch angewandten Systemen. Katalysatoren sollen aktiver und langlebiger werden. „Dazu soll die Struktur der Edelmetalle mit gezielter Synthese und definierten Reaktionsbedingungen genau eingestellt werden“, sagt der stellvertretende Sprecher Felix Studt. „In Zukunft könnte so die Menge an eingesetzten Edelmetallen enorm reduziert werden – wichtig für die Schonung der Ressourcen, denn zurzeit fließen mehr als sechzig Prozent der weltweit geförderten und recycelten Edelmetalle in diesen Bereich.“
Im SFB „TrackAct“ identifizieren die Forscher zunächst die optimale Katalysatorstruktur, indem sie die Edelmetallcluster atompräzise präparieren und mit neuesten spektroskopischen Methoden in die katalytischen Reaktoren hineinschauen. Dann betrachten sie den Lebenszyklus der Cluster im Reaktor und modellieren ihn mithilfe theoretischer Ansätze, um Strukturänderungen vorherzusagen und durch raffinierte Prozeduren einzustellen. Wichtig sind die optimale Clustergröße, die passende atomare Struktur, das richtige Auftragen auf keramische Trägermaterialien und deren Einbau in geeignete Reaktoren. Dabei werden alle Strukturen und Längenskalen auch mit theoretischen Modellen und Simulationen abgebildet. In zehn Jahren könnte es dann möglich sein, alle Katalysatoreigenschaften vorauszusagen und damit die Struktur und den Reaktor ideal einzustellen.
Der SFB befasst sich somit nicht nur mit der Entwicklung neuer Katalysatoren, sondern auch mit der Erarbeitung neuartiger Methoden der Präparation, Charakterisierung und Digitalisierung, die in Bereichen weit über die Katalyse hinaus in der Zukunft eine große Rolle entfalten werden. Die DFG richtet in der aktuellen Förderrunde zur weiteren Stärkung der Spitzenforschung insgesamt zwanzig neue SFB an Hochschulen ein. Ab dem 1. Januar 2021 werden die neuen SFB zunächst vier Jahre lang mit zusammen rund 254 Millionen Euro gefördert. Die DFG fördert damit ab Januar 2021 insgesamt 283 SFB.
KIT / JOL