02.05.2022

Pop-Up 5G-Netze gegen Waldbrände

Mobiles Funknetz erleichtert Koordination bei der Brandbekämpfung.

Waldbrände richten nicht nur in südlichen Ländern katastrophale Schäden an, auch Deutschland ist betroffen: Ein Drittel aller Waldbrände hierzulande ereignet sich in Brandenburg. Das Bundesland mit seinen ausgedehnten Kiefern­wäldern, geringem Niederschlag und leichten Sandböden weist bundesweit die höchste Waldbrand­gefährdung auf. Polizei und Feuerwehr müssen bei der Bekämpfung der Feuer die Aufklärung, Überwachung, Absicherung und Lageerfassung einer Fläche von jeweils mehreren Quadrat­kilometern bewerkstelligen. Hier setzt das Projekt ALADIN (Advanced Low Altitude Data Information System) an: Durch den Aufbau eines mobilen 5G-Campusnetzes soll eine bedarfsgerechte 5G-Vernetzung von Einsatzkräften und -mitteln ermöglicht werden. Ziel ist es, bei Einsätzen in nicht zugänglichen Gebieten ein Echtzeit­lagebild der Brand­situation mithilfe von Drohnen zu erhalten, Lösch­fahrzeuge zu steuern und die Einsatz­kräfte miteinander zu vernetzen. Dies gelingt mithilfe des 5G+ Nomadic Node des Fraunhofer Fokus.

Abb.: Die komplette Hard- und Software des 5G+ Nomadic Node passt in wenige...
Abb.: Die komplette Hard- und Software des 5G+ Nomadic Node passt in wenige mobile Server-Koffer. (Bild: P. hahn, Fh.-FOKUS)

Im Nomadic Node kommt mit dem Standard-basierten Open5GCore ein Software-basiertes Kernnetz zum Einsatz, in dem die Steuer­programme für die Kommunikation laufen. Der Open5GCore ermöglicht es, ein 5G-Netz im Stand-Alone-Betrieb sehr schnell aufzusetzen und verfügbar zu machen. Dabei steht den Nutzerinnen und Nutzern der volle Funktions­umfang des Mobilfunk­standards zur Verfügung. Dies geht über die verbreiteten Non-Stand-Alone-Lösungen hinaus, die lediglich 5G-Basis­stationen mit 4G-Kernnetzen kombinieren. Der Open5GCore ist mit 5G-Basis­stationen unter­schiedlicher Hersteller interoperabel und seit vielen Jahren das Versuchs­kernnetz für Mobilfunk­betreiber und -hersteller in aller Welt, um neue Funktionen für zukünftige Mobilfunk­systeme zu testen und innovative Use Cases zu validieren.

Aufgrund seiner Modularität eignet sich der Open5GCore ebenso für diverse Debugging-, Integrations- und Abnahme­tests. Darüber hinaus erlaubt das modulare, virtualisierte Kernnetz eine flexible Kombination von Netzfunktionen für optimierte Anwendungs­unterstützung auf Edge Clouds. „Private 5G-Netze in Kombination mit Edge Computing ermöglichen sichere, echtzeitnahe Kommunikations­netze sowohl im industriellen Umfeld wie in Fabrikhallen als auch in Gebieten ohne jegliche Kommunikations­infrastruktur, in die man mit unserem Nomadic Node-Setting eine kompakte Variante einer Edge Cloud bringen kann“, sagt Projektleiter Marc Emmelmann. Das gesamte 5G Nomadic Node-Setting besteht aus wenigen robusten, trans­portablen Server-Koffern für die notwendige Hard- und Software, um ein noma­disches, abgesichertes 5G-Campusnetz in wenigen Minuten aufzuspannen.

„In Brandenburgs Waldgebieten existiert keine hinreichende Kommunikations­infrastruktur, um unbemannte Löschroboter zu steuern oder Drohnen-Videos zur Einsatz­zentrale zu schicken. Feuerwehr­personal kann die Wälder aus Sicherheitsgründen nicht betreten, da viele Flächen noch mit Munition sowie mit Bomben- und Granat­blindgängern aus dem zweiten Weltkrieg kontaminiert sind. Mit unserem Kernnetz, dem Open5GCore, können wir hier Abhilfe schaffen und ein geografisch begrenztes, flexibles und pass­genaues 5G-Netz aufbauen“, sagt Emmelmann. Der 5G+ Nomadic Node umfasst einen Server, auf dem der Open5GCore läuft, sowie eine Base Band Unit mit Funkkabel. Die Basisband­einheit ist mit dem Kernnetz verbunden und verarbeitet die auszu­strahlenden und zu empfangenen Daten digital.

Ein zusätzlicher Server-Koffer enthält je nach Bedarf eine Batterie für die unterbrechungs­freie Strom­versorgung oder einen Diesel­generator. Darüber hinaus gehört optional ein Antennensystem mit Satelliten­anbindung zur Ausstattung. „Eine Satelliten­anbindung benötigen wir im ALADIN-Projekt etwa, um auf Wunsch eine Anbindung an das Lage- und Kommando­zentrum der Feuerwehr zu realisieren. Unsere nomadische Zelle kann – je nach Anwendungs­fall – auch über das Hausstromnetz versorgt werden“, so Emmelmann. Bereits im zweiten Quartal dieses Jahres startet ein Feldversuch auf dem Flugplatz Schönhagen in Brandenburg. Dabei wird das für Campusnetze reservierte 3,7 GHz-Spektrum genutzt. Geplant ist die Abdeckung etwa eines Quadrat­kilometers.

Schon im Herbst 2019 konnte das Forscherteam rund um Marc Emmelmann mit Partnern in einem Feldversuch zeigen, dass es kurz­fristig machbar ist, ein 5G-Netz vor Ort für den lokalen Einsatz aufzusetzen. Eine 180-Grad-Kamera nahm die Licht-Kunstwerke des Festivals of Lights in Berlin auf. Über das temporäre Netz konnten Test­personen das Video dann auf ihrem Smartphone empfangen. Im nächsten Schritt planen die Forschenden, den Nomadic Node um Open-RAN (Radio Access Network)-Technologien zu erweitern. Im Lauf des Jahres wird er dann im Rahmen von CampusOS, einem Leitprojekt des Bundes­ministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, auch auf mobilen Baustellen eingesetzt. „Mit dem 5G+ Nomadic Node können wir Campusnetze instal­lieren, die sich an temporäre Bedarfe anpassen lassen. Diese Flexi­bilität gelingt durch Netzvirtuali­sierung: Wie in einem Baukasten können neue Funk­komponenten und Software­funktionen frühzeitig eingebunden werden. Campusnetze sind damit Innovations­treiber für neue Technologien“, sagt Emmelmann.

FhG / JOL

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