11.02.2010

Präzisionswaage für superschwere Elemente

Neues Mess- verfahren soll die Suche nach der Insel der Stabilität erleichtern.

Neues Messverfahren soll die Suche nach der Insel der Stabilität erleichtern.

Weit reicht das Periodensystem heute über das stabile Uran hinaus bis zum Element 118. Doch alle superschweren Elemente sind mit wenigen Millisekunden Zerfallszeit sehr kurzlebig und ihre Massen können bisher nur indirekt und wenig exakt ermittelt werden. Etwa zehnmal genauere Wägungen sind nun mit einer Präzisionswaage möglich, die am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt entwickelt wurde. Unterstützt von zahlreichen Kernphysikern europäischer Universitäten soll das neue Messverfahren auch die Suche nach der „Insel der Stabilität“, auf der superschwere Elemente wieder deutlich langlebiger sein sollen, erleichtern.

Abb. 1: Auf der Suche nach der Insel der Stabilität: Diese Karte zeigt die bekannten Atomkerne zwischen Uran und dem Element 118 (grau). Die Massen dreier Nobelium-Isotope (rot) hat eine Kollaboration nun extrem präzise bestimmt. Kerne, die mit ihnen in einer radioaktiven Zerfallskette liegen, sind gelb dargestellt. Einen stabilen Atomkern vermuten die Physiker am Schnittpunkt der Linien. (Bild: GSI Darmstadt)

SHIPTRAP tauften die Physiker ihre Präzisionswaage, mit der sie Nobelium-Ionen (Atomzahl 102) mit einer relativen Genauigkeit von 0,05 Teilchen auf eine Million (0.05 p.p.m.) wiegen konnten. Sie besteht aus einer speziellen Penning-Falle, in der sich mit einem konstanten Magnetfeld und einem elektrostatischen Quadrupolfeld elektrisch geladene Teilchen speichern lassen. Etwa 100 Nobelium-Ionen, die im GSI-Teilchenbeschleuniger durch Beschuss einer Bleifolie mit Kalziumionen erzeugt wurden, bremsten die Physiker mit einer Helium-gefüllten Gaszelle ab und schleusten sie darauf in die Penning-Falle ein.

Um die genaue Masse der Nobelium-Ionen bestimmen zu können, werden sie durch die magnetischen und elektrischen Felder auf eine Schraubenbahn gezwungen, die sich selbst zu einem Ring schließt. Zwei Frequenzen, eine für die Bewegung in der Schraube und eine für die Bewegung auf der Ringbahn, hängen direkt mit der Masse des Atomkerns zusammen. Die Summe der Frequenzen ließ durch die Einstrahlung elektromagnetischer Wellen mit bekannter Frequenz ermitteln. Denn wenn die Frequenz der Strahlung der Frequenzsumme entspricht, gewinnt das Ion an Bewegungsenergie und erreicht beim Auswurf aus der Falle einen Nachweisdetektor schneller. Mit diesem Detektor lassen sich die schnellen von den langsamen Atomkernen unterscheiden und deren Masse bestimmen.

Abb. 2: Das Bild zeigt die Penning-Falle des Shiptrap-Experiments. Durch ein parallel zum Rohr angelegtes Magnetfeld werden die einfliegenden Ionen auf eine Spiralbahn im Rohr gezwungen, anhand deren Frequenz die Masse bestimmt werden kann. (Bild: G.Otto, GSI)

Die Bedeutung von SHIPTRAP ist nicht zu unterschätzen. Denn nicht nur die Massen bekannter superschwerer Elemente lassen sich mit ihr genauer bestimmen. Diese Wägungen können auch zur Bewertung theoretischer Vorhersagen über die Lage der „Insel der Stabilität“ dienen. „Da man nun superschwere Kerne hochpräzise wiegen kann, ist es möglich die Theorien zu testen und zu entscheiden, welche von ihnen falsch sind“, sagt Klaus Blaum, Direktor am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg, der die neue Methode mit entwickelt hat.

Da sich mit SHIPTRAP die Massen der Ionen direkt messen lassen, wäre sie auch als Waage für die langlebigen Elemente auf der „Insel der Stabilität“ geeignet. Denn gerade wegen der Stabilität wäre die bisherige Messung über die Zerfallsprodukte nicht möglich. „Die Identifizierung neuer superschwerer Elemente mit einer Penning-Falle wäre der einzige praktikable Weg“, schreibt auch Georg Bollen von der Michigan State University in einem Kommentar, der die SHIPTRAP-Studie begleitet.

Jan Oliver Löfken


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