Quanten-Temperaturmessung in vivo
Erstmals gelingt eine Temperaturbestimmung in einem lebenden Organismus mit Quantentechnologie.
Die genaue Messung der Temperatur in lebenden Organismen bei gleichzeitig höchster, räumlicher Auflösung ist sehr wichtig, um Stoffwechselprozesse genau untersuchen zu können. Allerdings war eine solche Messung bislang unmöglich, weil präzise und zuverlässige Nanothermometer oder Nanotemperatursonden fehlten. Ein internationales Forscherteam um Oliver Benson von der Humboldt-Universität zu Berlin und Masazumi Fujiwara von der Osaka City University hat nun einen nur wenige Nanometer großen Quantensensor entwickelt und mit diesem Temperaturveränderungen in einem Fadenwurm messen können, dem eine pharmakologische Substanz verabreicht wurde. Die Resultate öffnen den Weg für vielfältige Anwendungen der neuartigen Quantensensorik in der biomedizinischen Forschung, etwa für die Aufnahme hochauflösender Wärmebilder.
Die Wissenschaftler verwendeten in ihrem Experiment kleine Diamanten mit Durchmessern von wenigen zehn Nanometern. Diese Nanodiamanten enthalten fluoreszierende Quantendefekte, die man unter einem optischen Mikroskop beobachten kann. Mit Hilfe von eingestrahlten Mikrowellen lässt sich die Helligkeit der leuchtenden Quantendefekte verändern. Bei einer ganz bestimmten Mikrowellenfrequenz erscheinen die Defekte etwas dunkler. Diese Resonanzfrequenz hängt von der Temperatur ab. Die Forscher konnten nun die Verschiebung der Resonanzfrequenz sehr genau bestimmen und damit die Temperaturänderung am Ort der Nanodiamanten präzise bestimmen.
Die Nanodiamanten wurden in einen Fadenwurm (C. Elegans) eingebracht. C. Elegans ist ein sehr gut verstandenes Modellsystem und wird in vielen biophysikalischen und biochemischen Experimenten untersucht. Durch Gabe einer pharmakologischen Substanz konnten in einzelnen Zellen des Wurms die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen, zu erhöhter Aktivität angeregt werden. Dies zeigte sich als eine leichte lokale Temperaturerhöhung von wenigen Grad.
Die Forscher zeigten sich fasziniert von den Ergebnissen des Experimentes. Masazumi Fujiwa-ra, Professor an der Osaka City University: „Ich hätte nie gedacht, dass die neuen Methoden der Quantentechnologie sogar bei lebenden Organismen so gut funktionieren.“ Benson ergänzt: „Mit diesen vielversprechenden Resultaten sind wir sehr zuversichtlich, dass die Quantensensorik sich auch in der Biochemie und Biomedizin etablieren wird.“ Die Forscherteams arbeiten nun daran, ihre Messmethode weiter zu verbessern und zu automatisieren, damit sie einfach in Standardmikroskopie-Aufbauten integriert werden kann.
HU Berlin / DE