10.11.2022

Quantenblick ins Hirn

Neues Verbundprojekt entwickelt Quantensensoren für Hirntumor-Operationen.

Einen Hirntumor zu entfernen, stellt Chirurgen vor besondere Heraus­forderungen: Sie müssen den Tumor beseitigen, ohne jedoch gesundes Hirngewebe zu beschädigen. Unter anderem gilt es, den Motorkortex im Blick zu haben, der für Bewegung verantwortlich ist. Führt beispielsweise eine Nervenbahn von diesem zum Arm, darf sie nicht durchtrennt werden. Entsprechende Diagnostik hilft bereits heute dabei, solche Nervenbahnen und Hirn­regionen zu erkennen und zu schonen. Künftig soll die Quanten­sensorik die Zuordnung von Funktionen zu gewissen Hirnarealen noch einmal verbessern – über neue diagnostische Geräte, die unter anderem die Neuro­navigation verfeinern. Daran arbeitetet ein Konsortium der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und des Helmholtz-Instituts Mainz (HIM) im Projekt DiaQNOS gemeinsam mit verschiedenen Partnern aus Forschung, Medizin und Industrie.

Abb.: Farbzentren in Diamanten erlauben eine neuartige Diagnostik von...
Abb.: Farbzentren in Diamanten erlauben eine neuartige Diagnostik von Hirngewebe und werden mit grünem Laserlicht initia­lisiert. (Bild: A. Wickenbrock)

Gefördert wird das fünfjährige Projekt, das im Oktober 2022 gestartet ist, vom Bundes­ministerium für Bildung und Forschung mit insgesamt knapp elf Millionen Euro. Die Basis für das Projekt legte das Verbund­projekt BrainQSens: Hier entwickelte ein Konsortium, in dem auch die JGU vertreten war, hoch­empfindliche Magnet­sensoren, die eine verbesserte medizinische Diagnostik ermöglichen. „In diesem Flaggschiff der Quanten­sensorik konnten wir die Magnetfeld­sensorik bereits so weit verbessern, dass damit prinzipiell magnetische Felder des Gehirns registriert werden können“, sagt Arne Wickenbrock, der das Verbund­projekt koordiniert. „Nun geht es darum, die nächsten Schritte auf dem Weg zur medizinischen Anwendung zu gehen und Quanten­sensorik für die Gesellschaft nutzbar zu machen.“

Das Konsortium spiegelt diesen Anwendungs­bezug wider, indem neben Neurochirurgen des Universitäts­klinikums Freiburg, also den späteren Nutzern der Technologie, auch der medizinische Gerätebauer inomed Medizin­technik vertreten ist. Zudem bringen die Firmen Sacher Lasertechnik und TTI ihre Kompetenz auf dem Weg zur Vermarktung ein. Drei Jahre lang soll ein OP-taugliches Gerät entwickelt werden, anschließend stehen zwei Jahre medizinische Forschung auf dem Programm. Dabei soll unter anderem Hirngewebe aus einer Gewebe­datenbank in Freiburg erstmalig auf seine magne­tischen Eigenschaften untersucht werden, vor allem im Hinblick auf neue diag­nostische Möglich­keiten für Hirntumore.

Die Forschenden widmen sich unter anderem dem Bau des Quanten­sensors, schließlich hat die Arbeits­gruppe von Dmitry Budker die Magneto­graphie als Kern­kompetenz in Mainz gestärkt, auch lässt er seine Kompetenz in das Projekt mit einfließen. „Diese Quanten­sensoren beruhen auf Stickstoff-Fehlstellen in Diamanten – Magnetfeld­sensoren im Nanomaßstab, die im Diamanten einge­schlossen sind. In einer dünnen Schicht aus Diamant kann eine riesige Anzahl dieser Magnetfeld­sensoren existieren. Somit wird es uns möglich, ein magne­tisches Bild von dem Objekt zu erzeugen, das der Sensor sieht“, erläutert Wickenbrock.

Die Nerven­kommunikation im mensch­lichen Körper funktioniert über elektrische Ladungen, die durch die Nerven­bahnen sausen. Nun erzeugt jede bewegte Ladung ein Magnetfeld – es gibt also zahlreiche magnetische Felder im menschlichen Körper, so auch im Gehirn. Diese soll der Sensor erkennen und ana­lysieren und den Chirurgen auf diese Weise mehr über die Funktion der jeweiligen Hirnareale verraten. Somit können die Mediziner den Schnittweg genauer und patienten­schonender planen.

JGU Mainz / JOL

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