26.04.2023

Quantencomputer für autonome Roboter

Neue Projekte für quantenunterstützte maschinelle Lernverfahren starten.

Um in unbekannten oder sich verändernden Umgebungen selbstständig zu operieren, müssen Roboter in kürzester Zeit riesige Datenmengen verarbeiten. Wo klassische Computer an ihre Grenzen stoßen, könnten Quanten­computer die autonome Robotik revolu­tionieren. In drei vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Projekten arbeiten das Deutsche Forschungs­zentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und die Universität Bremen daran, quanten­unterstützte maschinelle Lernverfahren für robotische Anwendungen nutzbar zu machen. Damit leisten sie Pionierarbeit in diesem noch jungen Forschungsfeld und etablieren Bremen als wichtigen Standort auf der Quanten­computing-Landkarte.

Abb.: Autonome Rover arbeiten am DFKI in einem Weltraum­szenario zusammen....
Abb.: Autonome Rover arbeiten am DFKI in einem Weltraum­szenario zusammen. (Bild: F. Cordes, DFKI)

Maschinelles Lernen und insbesondere bestärkende Lern­verfahren gelten heute als Schlüssel­technologie für jegliche Bereiche des robotischen Lernens mit Anwendungs­potenzial sowohl in terrestrischen als auch in Weltraumszenarien. Jedoch sind diese Verfahren in ihrer Architektur äußerst komplex und benötigen eine erhebliche Menge an Trainings­schritten, was das Erlernen von neuem anspruchsvollem Verhalten in realen robotischen Umgebungen ohne Vorwissen und Simulations­umgebung nahezu unmöglich macht. Quanten­algorithmen, die das Potenzial bergen, große Datenmengen deutlich effizienter zu verarbeiten und zu analysieren als klassische maschinelle Lern­algorithmen, könnten hier Abhilfe schaffen. Unter anderem durch die Reduzierung von Trainings­zeiten versprechen sie einen immensen Sprung hinsichtlich der Komplexität von Anwendungs­fällen, wodurch sich erhebliche Fortschritte auf dem Gebiet des Langzeit­lernens von explorativen robotischen Systemen erzielen ließen.

Allerdings steht die Erforschung der Quantentechnologie in diesem Bereich noch ganz am Anfang. Diese voranzutreiben haben sich Wissen­schaftlerinnen und Wissenschaftlern des DFKI Robotics Innovation Center und der AG Robotik der Universität Bremen auf die Fahne geschrieben. Seit 2020 betreibt das inter­disziplinäre Team unter Leitung von Frank Kirchner grundlegende Forschung, um quanten­gestützte Konzepte und Lösungen für Anwendungsfelder in der künstlichen Intelligenz und Robotik zu erarbeiten. Durch die Entwicklung bedarfs­orientierter und niedrigschwelliger Qualifikations­bausteine wollen sie zudem dazu beitragen, dem Fachkräfte­mangel im Technologie­feld der quanten­basierten Künstlichen Intelligenz entgegen­zuwirken.

Mit den Projekten QuDA-KI, QuBER-KI und QuMAL-KI fördert das Bundes­ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aktuell drei synergetische Projekte, die das Ziel haben, sowohl bestehende Methoden des quanten­maschinell gestützten Lernens zu evaluieren und zu verbessen als auch neue Methoden für robotische Anwendungen zu entwickeln. Die untersuchten Verfahren umfassen neben rein quanten­basierten Ansätzen auch hybride Verfahren, bei denen bestimmte Anteile des Algorithmus auf Quantencomputer ausgelagert werden, während die Verarbeitung des restlichen Teils auf einem klassischen Computer erfolgt.

Um die roboternahen Datenströme, insbesondere von Sensoren und Aktuatoren, für quanten­maschinelle Lernverfahren nutzen zu können, müssen sie in geeigneten Qubit-Repräsentationen vorliegen. Wie sich die Daten enkodieren lassen, untersuchen die Bremer Forschenden im Projekt QuDA-KI – Qubit-basierte Daten­repräsentationen und Vorverarbeitungen für Ansätze des Quanten­maschinellen Lernens. Der Fokus liegt hierbei auf Qubit-basierten Minimal­repräsentationen von essenziellen Merkmalen, um mit den wenigen in heutigen Quantencomputern zur Verfügung stehenden Qubits bereits erste Anwendungs­fälle umsetzen zu können. Zusätzlich sollen Datensätze aus robotischen Szenarien bisheriger DFKI-Arbeiten zur Nutzung auf Quanten­hardware aufbereitet und anderen Projekten zur Verfügung gestellt werden. Auch der Aufbau eines Labors, das mit leistungs­starker, zur Simulation quanten­unterstützter Verfahren benötigter Hardware und Software ausgestattet wird, ist Teil des Projekts. Darüber hinaus wollen die Forschenden in dem Vorhaben herausfinden, wie sich Quanten­schaltkreise effizienter gestalten lassen.

Die Erkenntnisse von QuDA-KI fließen in die zwei anwendungs­orientierten Projekte QuBER-KI und QuMAL-KI ein, in denen quanten­unterstützte bestärkende Lernverfahren zur Generierung von konkretem Roboter­verhalten eingesetzt werden sollen. In QuBER-KI – Quantum Deep Reinforcement Learning für einfache robotische Verhalten – analysieren die Wissenschaftler bestehende quanten­unterstützte Algorithmen und evaluieren sie hinsichtlich der Fragestellung, ob und inwiefern sie sich auch auf komplexere Umgebungen und Anwendungen übertragen lassen. Weiterhin sollen die neuronalen Netze der aktuell in der Praxis erfolgreich eingesetzten klassischen Algorithmen für das bestärkende Lernen durch Quanten­schaltkreise ersetzt werden, um zu ermitteln, welche Algorithmen bei welchen Lernproblemen die besten Ergebnisse erzielen. Darauf aufbauend wollen die Forschenden neue quanten­unterstützte bestärkende Lernverfahren für einfache robotische Verhalten wie die Navigation oder Manipulation entwickeln, welche die quanten­mechanischen Eigenschaften explizit ausnutzen.

Insbesondere für anspruchsvolle Szenarien im Bereich der Weltraum­robotik, etwa bei der planetaren Erkundung oder dem Infrastruktur­aufbau, müssen zukünftige langzeit­autonome Roboter in der Lage sein, komplexe Verhalten in Interaktion mit anderen robotischen Systemen zu lernen und gegebenenfalls anzupassen. Das Projekt QuMAL-KI – Quanten­beschleunigtes Multi-Agenten Lernen für langzeit­autonome Roboter – zielt darauf, Verfahren des bestärkenden maschinellen Lernens sowohl für mehrere robotische Systeme als auch für mehrere Quanten­computer, die in einem verteilten Setting ein bestimmtes Verhalten optimieren oder lernen sollen, zu beschleunigen. Dazu evaluieren die Forschenden zunächst existierende Quanten­algorithmen, um anschließend neue Verfahren zu entwickeln, die sie in einem einfachen, aber realitäts­nahen Szenario mit mindestens zwei Robotern erproben wollen. Die Ausführung der Algorithmen erfolgt in allen drei Projekten mehrheitlich in der Simulation. Darüber hinaus ist geplant, bestimmte Projekt­anteile auf aktuell verfügbarer Quantenhardware zu demonstrieren.

DFKI / JOL

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