21.09.2007

Quanteneffekte beeinflussen den Erdmantel

Erstmals gelang es, die Spinpaar-Übergänge des Eisens im Mineral Ferroperiklas bei Drücken und Temperaturen zu untersuchen, wie sie im unteren Erdmantel vorkommen.



Einem Team amerikanischer Forscher gelang es erstmals, die Spinpaar-Übergänge des Eisens im Mineral Ferroperiklas bei Drücken und Temperaturen zu untersuchen, wie sie im unteren Erdmantel vorkommen.

Die Eigenschaften der Mineralien im Erdmantel hängen entscheidend von den elektronischen Zuständen des darin enthaltenen Eisens ab. Einem Team amerikanischer Forscher gelang es jetzt erstmals, die Spinpaar-Übergänge des Eisens im Mineral Ferroperiklas bei Drücken und Temperaturen zu untersuchen, wie sie im unteren Erdmantel vorkommen. Dabei zeigte sich, dass der Übergang vom hohen zum niedrigen Spinzustand in einem sehr viel breiterem Druckbereich stattfindet, als bislang vermutet. Demnach gibt es im unteren Erdmantel eine rund 1200 Kilometer dicke Übergangszone, schreiben die Wissenschaftler in „Science“.

„Natürlich haben wir die Existenz dieser Transitionszone erwartet“, erklärt Viktor Struzhkin vom Geophysical Laboratory der Carnegie Institution of Washington, einer der beteiligten Forscher, „aber bislang wussten wir nicht, wie ausgedehnt diese Zone ist.“ Frühere Untersuchungen hatten darauf hin gedeutet, dass der Übergang in einem sehr schmalen Druckbereich stattfindet. Allerdings waren diese Untersuchungen zwar mit hohen Drücken, aber nur bei normaler Raumtemperatur durchgeführt worden.
Struzhkin und seinen Kollegen gelang es jetzt erstmals, Ferroperiklas – ein Mischkristall aus Magnesium- und Eisenoxid – unter Bedingungen zu untersuchen, die mit denen im unteren Erdmantel vergleichbar sind. Dazu haben sie das Mineral in einer Diamantstempelzelle unter einen Druck von bis zu 940.000 Atmosphären (95 Gigapascal) gesetzt und mit einem Laser auf bis zu 2000 Kelvin erhitzt. Die Struktur des Eisens untersuchten die Forscher dabei mithilfe der Röntgenemissions-Spektroskopie.

Abb.: Der innere Aufbau der Erde: Unter der dünnen Kruste liegt zunächst der obere Mantel (grau), darunter der untere Mantel (gelb), der äußere Kern (orange) und schließlich der innere Kern (rot). Im unteren Mantel steigt der Druck von 23 auf 135 Gigapascal an. (Quelle: Science/Russell Hemley)

Im unteren Erdmantel herrschen extreme Drücke und Temperaturen. Sie reichen von 230.000 Atmosphären (23 GPa) bis zu 1,35 Millionen Atmosphären (135 GPa), sowie von 1800 bis 4000 Kelvin. „Je tiefer man kommt, desto größer werden Druck und Temperatur“, so Struzhkin, „unter diesen extremen Verhältnissen kommen sich die Atome und Elektronen in dem Gestein sehr nahe und beginnen, sich seltsam zu verhalten. So bilden bestimmte Elektronen im Eisen Paare.“ Und diese Paare können energetisch unterschiedliche Zustände einnehmen, je nachdem, ob ihr Spin parallel oder antiparallel zueinander ausgerichtet ist. Ändert sich dieser Spinzustand, so ändern sich auch die Materialeigenschaften wie Dichte, Schallgeschwindigkeit und elektrische Leitfähigkeit.

Die Untersuchung von Struzhkin und seinen Kollegen zeigt nun, dass bei den im unteren Erdmantel herrschenden Temperaturen beide Spinzustände in einem breiten Druckbereich koexistieren können. „Das deutet darauf hin, dass die Spin-Übergangszone sich über einen Bereich von 1000 bis 2200 Kilometern Tiefe erstreckt“, so Struzhkin. Da sich entsprechend in diesem Bereich auch die Dichte und die Ausbreitungsgeschwindigkeit für seismische Wellen ändern, könnte das auch bedeuten, dass die aus der Interpretation seismologischer Daten gewonnenen Modelle vom inneren Aufbau unseres Planeten revidiert werden müssen.

Die Untersuchung von Ferroperiklas bildet allerdings keine ausreichende Basis, um zu besseren Modellen des Erdmantels zu gelangen, gesteht Struzhkin. Denn Ferroperiklas ist lediglich das zweithäufigste Mineral im unteren Erdmantel. „Das am häufigsten vorkommende Mineral Perowskit wurde bislang mit unserer Methode nicht untersucht“, so der Forscher, „aber wir sind sicher, dass eine solche Untersuchung uns weitere Überraschungen bescheren wird.“

Rainer Kayser

Weitere Infos:

Weitere Literatur:

  • J. Badro et al., Iron Partitioning in Earth's Mantle: Toward a Deep Lower Mantle Discontinuity, Science 300, 789 (2003).
  • J. Badro et al., Electronic Transitions in Perovskite: Possible Nonconvecting Layers in the Lower Mantle, Science 305, 383 (2004).
  • J. F. Lin et al., Spin transition of iron in magnesiowüstite in the Earth's lower mantle, Nature 436, 377 (2005).

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