Quasar im Labor
Ultrarelativistische Positronenstrahlen eignen sich als Labormodell für die Erforschung astrophysikalischer Jets.
Antimaterie ist in vielen Bereichen der modernen Physik von großer Bedeutung: So ist noch ungeklärt, warum das beobachtbare Universum fast nur aus Materie besteht. Zugleich spielt Antimaterie eine wesentliche Rolle in vielen hochenergetischen Prozessen im Kosmos. Der spektakulärste davon ist wohl die Erzeugung von Jets, gebündelter Teilchenstrahlen, die von extrem massereichen Objekten wie Schwarzen Löchern oder Quasaren ausgehen und weit ins All hinaus reichen.
Abb: Vom zentralen schwarzen Loch der aktiven Galaxie M87 geht ein Jet aus, den das Weltraumteleskop Hubble beobachten konnte. (Bild: NASA)
Dichte Strahlen relativistischer Positronen für die Elementarteilchenphysik werden bisher in großen Beschleunigeranlagen erzeugt. Auf ultrarelativistische Geschwindigkeiten beschleunigte Elektronen werden auf ein festes Target aus einem schweren Element geschossen. Die dabei entstehenden Positronen werden in einem Speicherring gesammelt und auf die gewünschte Energie beschleunigt. Das ist aufwändig und teuer.
Elektronen lassen sich aber auch mit starken Lasern aus Atomen freisetzen und über sehr kurze Distanzen stark beschleunigen. In einem Experiment, das nun Physiker von der Queen's University of Belfast und der University of Michigan aufgebaut haben, trifft ein laserbeschleunigter Elektronenstrahl auf ein Schwermetallplättchen. Darin werden Elektronen und Positronen sowie Gammaquanten erzeugt, die mit dem ursprünglichen Elektronenstrahl davonfliegen. Ein nachfolgender Magnet lenkt Elektronen und Positronen in entgegengesetzte Richtungen ab und auf Detektoren, wo sie registriert werden. Wie Antonino Di Piazza und Christoph Keitel vom MPI für Kernphysik gezeigt haben, lassen sich die Ergebnisse des Experiments im Rahmen der Quantenelektrodynamik erklären. „Damit konnten wir auch die experimentellen Bedingungen gut abschätzen, die Positronenstrahlen mit den gewünschten Eigenschaften liefern“, erläutert Di Piazza. Tatsächlich gelang es den Wissenschaftlern aus Belfast und Michigan, ultrarelativistische Positronenstrahlen zu erzeugen, die wie der Laser gepulst, eng gebündelt und dicht sind, wobei die Strahlqualitäten von Positronen und Elektronen sehr ähnlich sind.
Abb.: Der starke Laserstrahl des HERCULES-Lasers ist auf einen Gasstrahl fokussiert (l.) und erzeugt dort eine Intensität von etwa 6 × 1018 W/cm2. Die vom Laser beschleunigten Elektronen treffen als ebenfalls gepulster Strahl auf das Schwermetalltarget, wo Elektronen, Positronen und Gammastrahlen entstehen. (Bild: MPIK)
Der kombinierte Strahl erinnert an astrophysikalische Jets aus Gammastrahlen-Ausbrüchen und eignet sich hierfür gut als Labormodell. Mit einer kompakten und vergleichsweise kostengünstigen Apparatur eröffnet sich somit die Möglichkeit, diese kosmischen Phänomene, die den Astrophysikern trotz intensiver Beobachtung und Modellierung noch immer Rätsel aufgeben, zumindest in dem durch den Laser eingeschränkten Parameterbereich direkt im Labor zu studieren.
MPIK / CT